Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 13.12.2007

Die Sachsen LB steht ohne die Schwaben vor dem Aus

Rating-Agenturen halten die einzige ostdeutsche Landesbank allein nicht mehr für überlebensfähig
 
Die Geschichte der einzigen ostdeutschen Landesbank könnte eine kurze gewesen sein. Denn wenn die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) Ernst macht mit der Drohung, vom Kauf der Sachsen LB zurückzutreten, droht der jüngsten der elf Landesbanken die Abwicklung. Entsprechend gut ist die Verhandlungsposition der Schwaben in den Gesprächen über die Modalitäten des geplanten Verkaufs der Sachsen LB.

Ans Licht gekommen war das Debakel der Sachsen LB Ende August. Ihre irische Tochter Sachsen Funding hatte zeitweise viel Geld mit hochkomplexen Wertpapieren verdient, die sie großteils auf Pump gekauft hatte. Diese Schulden galt es zu bezahlen - auch als die Papiere wegen der Kreditkrise über Nacht unverkäuflich wurden. Doch den Iren und ihrer sächsischen Mutter fehlte das Geld.

Die Sparkassen, die die Mehrheit an der Sachsen LB halten, stellten daraufhin eine Kreditlinie von 17,3 Milliarden Euro zur Verfügung - mit der Vorgabe den Verkauf an die LBBW voranzutreiben. Die Ratingexperten der Agentur Fitch versahen die Schulden der Sachsen LB mit der Note F. Im Klartext: Ohne die Unterstützung der Sparkassen oder eines anderen finanzstarken Partners wäre die Bank zahlungsunfähig.

Banken in der Krise

Die SachsenLB ist nicht die einzige deutsche Bank, die sich in der Kreditkrise die Finger verbrannt hat. Auch die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB wäre ohne die Rettungsaktion anderer Banken wahrscheinlich schon pleite.

Die Bankenaufsicht der Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen muss reagieren, wenn einem Geldinstitut die Zahlungsunfähigkeit droht. Neben einer vorübergehenden Schließung zur Insolvenzvermeidung gibt ihr das Gesetz auch die Möglichkeit der Bank die Betriebserlaubnis zu entziehen.Die Schwäche der Sachsen eröffnete dem Bank-Chef Siegfried Jaschinski die Gelegenheit, weiter an der Super-Landesbank zu bauen. Die Landesbank Rheinland-Pfalz und den Mittelstandsfinanzierer BW-Bank hat sich die LBBW bereits einverleibt. Mit der Sachsen LB würde die größte Landesbank noch größer, was ihren Anspruch auf die Führungsrolle untermauern würde.

Tickende Bombe

Im Herbst tauchten plötzlich neue Risiken auf. Sachsen Funding hatte bei den Wertpapiergeschäften offenbar Verträge unterschrieben, die anderen Investoren das Recht einräumt, Notverkäufe zu erzwingen. Dadurch würden der Sachsen LB Verluste entstehen, die vielleicht zu vermeiden wären, wenn man wartet, bis sich der Markt stabilisiert.

Immerhin konnte die Sachsen LB aushandeln, dass diese Klauseln vorerst ausgesetzt wurden. Doch diese Zeitbombe, die am kommenden Mittwoch hochgehen kann, war der LBBW dann doch zu viel. Dem Vernehmen nach fordert die Bank vom Freistaat einen Zuschuss von 500 Millionen Euro und eine Risikobürgschaft von bis zu 4,3 Milliarden. Offiziell schweigt die LBBW dazu, doch die Drohkulisse ist bekannt.
VON ANNA SLEEGERS