Karl Nolle, MdL
Karl Nolle, MdL, Rede zur Sondersitzung des Sächsischen Landtages am 20.12.2007 zur Sachsen LB, 20.12.2007
"Minuten vor dem Exitus", Reste der Sachsen LB in letzter Minute "verkauft"
Zum Abschluß der Fusionsvereinbarungen zwischen Sachsen und der LBBW
Anrede
Wir bekommen heute eine unvorstellbar teure "vorläufige" Schlussrechnung für das Experiment "eigene Landesbank" präsentiert, die uns der Ziehvater des Institutes als Erfolg anpreisen will. Sicher wäre es noch unvorstellbarer gewesen, wenn die Bank hätte geschlossen werden müssen. Allein die Tatsache, daß wir nur wenige Stunden, wie ich hörte nur Minuten, vor einer von Sachsen zu verantwortenden gigantischen Bankpleite standen, in sicher zweistelliger Milliardenhöhe, der gegenüber die lächerliche 2,75 Mrd Garantie für das First Loss Risikio uns wie Peannuts vorgekommen wären - muß uns erschaudern lassen.
Jeder, der es wissen wollte, weiß, daß diese Entwicklung sich schon seit Jahren abzeichnete, als ein Trio Infernale, an der Bankspitze, daß sich der Freundschaft des Ministerpräsidenten rühmte und seines Segens gewiß war, völlig aus dem Ruder lief.
Seit Anfang 2004 war die Sachsen LB mit immer neuen Skandalen, Affären und kaschierten Verlusten in der Kritik:
· Ich habe damals schon Dublin als Black Box bezeichnet und bin dafür heftig angegangen worden.
· Wer nicht blind und ignorant ist, muß zugeben, nicht der Markt regelt sich hier selber und trägt seine Risiken, sondern der sächsische Steuerzahler.
· Land und Leute werden für die ungedeckten Risiken unserer genialen Finanzbaumeister und ebenso hochtalentierter Finanzarchi-tekten, Milliarden zahlen müssen.
· der Landesbanken-Untersuchungsausschuss hat praktisch ein Jahr lang mit der Bank gestritten, um den Sonderprüfungsbericht der KPMG zu erhalten, der Mitte 2005 erstmals die enormen außerbilanziellen Risiken benannte und die Lebenslüge erklärte, daß die Strategie der Bank davon ausging, daß es zu keinerlei Marktstörungen kommt.
· die Ereignisse im August 2007 machten deutlich, obwohl der Bericht der KPMG seit Frühjahr 2005 vorlag, hat man diese Risiken nicht abgebaut, man hat weiter gezockt.
· der Ormond Quay umfaßte im Sommer 2005 ca. 9 Mrd. Er wurde bis Frühjahr 2007 auf 17 Mrd hochgefahren und sollte, wie uns Exvorstand Süß verriet, Ende 2007 bei genialen 25 Mrd liegen.
In den drei Jahren, in denen wir über die Sachsen LB streiten gab es immer zwei Leute, die die schützende Hand über die Bank hielten, alle Vorwürfe als unbegründet zurückwiesen und die Kritiker der Bank wie Ungeziefer behandelt haben: das waren Sie, Herr Professor und Ihr damaliger Finanzminister.
Sie Herr Milbradt waren nicht nur bestens informiert. In Sachsen pfeifen das die Spatzen von den Dächern, es war Ihr Lieblingskind, Sie wollten es so und nicht anders und mit den Bankern, die sich vom OLG in Dresden kleinkriminelle Energie vorhalten lassen mußten, waren Sie immer dicke Tinte.
Nein, Herr Milbrandt, so kann sich keiner an der Verantwortung vorbeistehlen. Die Sachsen LB war, sowohl von der Kapitalbasis, der Bedeutung und vom Gewährträgerrisiko, die wesentlichste Beteiligung des Freistaats. Glauben wir Ihnen mal einen kleinen Moment, Sie seien wirklich nicht unterrichtet gewesen, dann haben Sie Herr Milbradt Ihren verdammten Job nicht erfüllt. Sie hätten als Klassenprimus versagt.
Sie können es drehen und wenden, es wird nicht amüsanter. Die politische Verantwortung für das Bankfiasko liegt bei Ihnen, nirgendwo anders. Da stimme ich Herrn Prof. Biedenkopf ausdrücklich zu: die politische Verantwortung tragen Sie alleine. Und mit Verlaub, das werden wir im Untersuchungsausschuß im März exakt rausarbeiten.
Sie wußten nichts?
nicht, daß Sie unter einer Vielzahl Augenzeugen ständiger Gast in der Vorstandsetage bei Weiss waren und mit ihm stundenlang im Dresdner Luisenhof ausgiebig speisten,
nicht, daß Sie regelmäßig spätabends von Ihrem Gewährsmann und Co-Autor Thode in der Staatskanzlei besucht und informiert wurden,
nicht, daß es Stapel von mails Briefe und Faxe, sogar nummerierte Gutachten vom Vorstand der Bank und aus dem Finanzministerium in die Staatskanzlei zu Ihren Händen gibt,
nicht, daß Frau Fischer in Ihrem Auftrage über Herrn Weiß seinem Kumpel Fuchs Hilfe bei der Jobsuche angeboten hat, damit er den Schnabel hält?
nicht, daß Sie jene Vorstände, immer als "begnadete Banker" bezeichneten, die das Fiasko von Dublin und der Landesbank mit Ihrem freundschaftlichem Beistand letztendlich zu verantworten haben.
nicht, daß Ihr Orden „Ehrenmänner“ für Weiß und Fuchs Zitat: “Ausdruck der Anerkennung ihrer jahrelangen erfolgreiche Tätigkeiten war, mit der beide die maßgebliche Grundlagen für die heutige positive Entwicklung der Sachsen LB gelegt haben“, wie sie mir noch am 26. Juni 2007 mitteilen ließen.
Wollen Sie die belastenden Dokumente im Dutzendpack alle einzeln vorgehalten bekommen?
Sollen wir wirklich erst die Zeugen und Parteifreunde Metz, Albrecht, Winkler und die Herren Thode Süß und Weiß zu ihrem Wissen öffentlich befragen?
Damals, im November 1991 haben Sie hier ausgeführt: "Ich bin überzeugt dass jede Mark, die in die Bank investiert wird, sinnvoll angelegt ist und Zinsen bringen wird".
Herr Ministerpräsident Milbradt, dieser Traum ist aus, weil er inzwischen zum Alptraum für dieses Land, seine Bürger, Ihre Partei und die Koalition geworden ist.