Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 14.12.2007

Gebrüll nach Mitternacht

 
Dresden. Nach Mitternacht ging es rund. Sachsens CDU-Ministerpräsident schaltete sich in die Verhandlungen zur Rettung der pleite gegangenen Sachsen LB ein. Georg Milbradt war nach Frankfurt am Main gekommen in die Außenstelle der Bundesanstalt für Finanzaufsicht (Bafin).

Bis drei Uhr morgens sollte eine Lösung her mit den Baden-Württembergern, die im August angekündigt hatten, die sächsische Bank zu übernehmen. Bundesbankchef Axel Weber war dabei, auch Bafin-Präsident Jochen Sanio. Ab 1.15 Uhr, berichtete ein CDU-Abgeordneter am Donnerstag, hätten sich die Herren nur noch angebrüllt. Um 3.30 Uhr war es vollbracht.


Am Vormittag saß Milbradt im Dresdner Landtag und gab eine Regierungserklärung ab. Das Land muss mit 2,75 Milliarden Euro bürgen für den Schaden, den eine irische Tochter der Landesbank mit Spekulationen auf dem US-Immobilienmarkt angerichtet hat. Die Risikogeschäfte umfassen 43 Milliarden Euro. Dafür tritt die baden-württembergische Landesbank LBBW nicht vom Kaufversprechen zurück, das sie im August für die Sachsenbank abgab. "Das war die einzige Chance, für Sachsen etwas herauszuholen", sagte Milbradt.

Teure Bürgschaft

Als bekannt wurde, dass die Risiken größer seien als befürchtet, wollten die Stuttgarter aussteigen und die Sachsen auf der maroden Bank sitzen lassen. Das hätte die Schließung bedeutet, so Milbradt, die noch teurer gekommen wäre als das jetzige Ergebnis. Angeblich hat er den Stuttgartern damit in der Nacht gedroht. Bei einem Zusammenbruch hätten die Schwaben über Beteiligungen auch drei bis vier Milliarden Euro verloren.

Nicht einmal die eigene CDU-Fraktion dankte für die teure Rettung. Der CDU-Abgeordnete Matthias Rößler sagte, das sei eine schwere Last, die den Landeshaushalt viele Jahre belasten werde.

Die Landtagsfraktionen wollen prüfen, wie das Ergebnis im Detail aussieht. Schriftlich lag am Donnerstag noch nichts vor. "Die Bürgschaft wird fällig werden", prophezeite die Grünen-Abgeordnete Antje Hermenau und forderte Milbradt auf, die Verantwortung für das Desaster zu über- und anschließend den Hut zu nehmen.

Milbradt will vorerst bleiben. Im Januar soll die politische Verantwortung geklärt werden. Dass Milbradt länger im Amt bleibt, gilt als ausgeschlossen. Im Moment ist die Schwäche der anderen CDU-Größen seine Stärke. Noch traut sich niemand, ihn zum Gehen aufzufordern. Man sondiert, hat aber keinen Plan B.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will Kanzleramtsminister Thomas de Maizière, der als Favorit für die Nachfolge Milbradts gilt, wohl nicht ziehen lassen. Milbradts Koalitionspartner SPD wartet die unionsinternen Gärungsprozesse ab. Mit Milbradt weitermachen wollen die meisten in der SPD auch nicht.
von Bernhard Honnigfort