Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 27.12.2007

Nach der Krise: - Landesbanken benötigen eine neue Struktur

Holtmann: Rettung der Sachsen-LB war ein beträchtlicher Kraftakt - Diskussionsbedarf bei den Sparkassen
 
Berlin. Die Krisen bei den Landesbanken sind für Claus Friedrich Holtmann, Geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV), kein Grund, den öffentlich-rechtlichen Bankensektor in Frage zu stellen. "Die Rettung der Landesbank Sachsen war ein beträchtlicher Kraftakt, aber die öffentlich-rechtlichen Banken haben damit auch wieder einmal gezeigt, dass sie ihre Probleme selbst in den Griff bekommen", sagte Holt-mann in einem Gespräch mit der "Freien Presse".

Kritik aus dem Lager der Privatbanken findet der OSV-Präsident scheinheilig. "Ich habe keine Privatbank in unseren Krisenrunden gesehen", sagte Holtmann. Dagegen hätten sich bei Schieflagen im privaten Bankensektor die öffentlich-rechtlichen Banken immer an Lösungen beteiligt, wie erst kürzlich gleich zwei Mal bei der IKB. "Wir sollten deshalb keine Scheindiskussion führen", forderte der ostdeutsche Sparkassenpräsident. Auch bei den Privatbanken sei in der US-Hypothekenkrise viel Geld versenkt worden, das jetzt nicht in Form von Dividende an die Aktionäre ausgezahlt werden kann.

Klar sei, so Holtmann, dass sich der öffentlich-rechtliche Bankensektor neu organisieren müsse. Die Landesbanken, hinter denen überall die Sparkassen stehen, benötigten eine neue Struktur. Dieser Prozess sei aber im Gang. Die Übernahme der Sachsen-LB durch die Landesbank Baden-Württemberg sei ebenfalls ein wichtiger Schritt für diese Neuordnung. "Trotz der Probleme bei der Sachsen-LB haben die Württemberger kühlen Kopf behalten", meinte Holtmann, der auch die Rolle des sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) eher positiv sieht. "Milbradt hat die Krisensituation professionell gemanagt", sagte der OSV-Präsident. Sachsen hätte leicht auch Milliarden mehr verlieren können.

Nach der Bankenkrise sieht Holt-mann allerdings auch Diskussionsbedarf im Lager der sächsischen Sparkassen. Die Perspektiven der Sachsen-Finanzgruppe müssten neu abgesteckt werden. Zudem müssten sich die Sparkassen für den verstärkten Wettbewerbsdruck rüsten. "Die Sparkassen werden sich weiter verändern müssen", sagte Holt-mann, der die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute in Sachsen und im übrigen Deutschland für unverzichtbar hält. "In einigen Regionen wie Görlitz, Zittau oder auch im Vogtland würde sonst wirtschaftlich nichts mehr funktionieren", erklärte der OSV-Präsident. Eine Beteiligung von privaten Banken an den Sparkassen lehnt er ab. Sie sei auch völlig überflüssig. "Uns wird zwar ständig Kapital aufgedrängt, aber wir haben gar keinen Bedarf", meinte Holtmann. Die Sparkassen hätten eine gefestigte Marktposition. Auch die Ertragssituation sei durchweg positiv, selbst wenn es in Leipzig derzeit Probleme gebe.

Anstatt begehrlich auf die Sparkassen zu schauen, sollten die privaten Banken nach Ansicht von Holt-mann lieber die eigene Konsolidierung in Angriff nehmen. "Wir brauchen in der Branche einen nationalen Champion, der auch weltweit an der Spitze mitspielt", forderte der Geschäftsführende OSV-Präsident. Die privaten Banken hätten sich in den vergangenen Jahren durch häufige Änderungen der Geschäftspolitik geschwächt. Die Sparkassen dagegen hätten mit dem Kauf der Berliner Landesbank bewiesen, dass sie die Kraft haben, die Neuordnung im öffentlich-rechtlichen Sektor voranzutreiben.
VON CHRISTOPH ULRICH

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STICHWORT

Ostdeutscher Sparkassenverband

Der Ostdeutsche Sparkassenverband (05V) ist Dienstleister für Sparkassen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Unter den 11 regionalen Sparkassenverbänden in Deutschland ist diese Vier-Länder-Verbandskonstruktion einmalig. In rund 1700 Geschäftsstellen führen die 58 Mitgliedssparkassen über 6,3 Millionen Girokonten, stellen rund 3000 Geldautomaten zur Verfügung und beschäftigen 25.000 Mitarbeiter, davon 1700 Auszubildende. Die Bilanzsumme lag 2006 bei rund 95 Milliarden Euro. Das Kreditvolumen erreicht mehr als 35 Milliarden Euro.