Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 03.01.2008
„Geschwächt sind nach dem Debakel alle“
SPD-General Panter über Landesbank-Notverkauf
Dresden. Mit einer indirekten Rücktrittsforderung der SPD gegen Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) ging das politische Jahr 2007 zu Ende. Anlass war die Landtags-Sondersitzung zum Notverkauf der SachsenLB an die Landesbank Baden-Württemberg. Im Interview erklärt SPD-General Dirk Panter den neuerlichen Druck.
Frage: Ihr Fraktionschef Martin Dulig hat Georg Milbradt zuletzt scharf attackiert, die Begeisterung in der CDU hielt sich in Grenzen. Wie soll’s jetzt in der Koalition weitergehen?
Dirk Panter: Wir stehen zur Koalition, aber wir erwarten selbstverständlich eine Antwort und können nicht einfach zum Tagesgeschäft übergehen. Es gab von uns eine klare Aufforderung, darauf erhoffen wir eine Reaktion. Der Ball liegt im Feld der CDU.
Die Union empfindet solche Aufrufe des kleinen Regierungspartners als Einmischung.
Generell mischen wir uns nicht in die inneren Angelegenheiten unseres Koalitionspartners ein. Wir müssen aber aktiv werden, wenn für uns und die Bürger die Situation unerträglich wird: Wenn nämlich der Versuch gemacht wird, sich ahnungslos zu zeigen und sich aus der Verantwortung zu stehlen. Das geht nicht. Statt sich als Retter aufzuspielen, wäre Demut gefragt.
Die SPD ist der Ansicht, dass Milbradt persönlich Verantwortung für das Landesbank-Desaster trägt?
Jeder muss seine Verantwortung prüfen, auch alle Gremienmitglieder. Unser Parteichef und Wirtschaftsminister Thomas Jurk tut das bereits. Bei dem Debakel der Landesbank geht es allerdings auch um strategische Entscheidungen in der Vergangenheit. Man kann nicht immer allen die Finanzwelt erklären, aber wenn’s brennt, so tun, als wisse man von nichts.
Derselbe Vorwurf geht auch an die Adresse der SPD, die seit drei Jahren in der Regierung und in den Gremien sitzt, aber wenn’s knallt, den Kopf einzieht.
Wir bestreiten nicht, dass jeder über seine Rolle und Verantwortung nachdenken muss. Daher haben wir ein großes Interesse daran, dass man jetzt die vertraulichen Protokolle des Verwaltungsrates der SachsenLB offen legt und dem Landtag zugänglich macht. Damit kann man schnell aufklären, wer was wann gewusst und getan hat. Bisher treffen Leute wie Ex-Minister Heinz Eggert Aussagen über Schuld und Unschuld, ohne je dabei gewesen zu sein.
Über die Verantwortlichkeiten in der Bank soll ein Bericht von Wirtschaftsprüfern in Kürze Auskunft geben. Wird sich damit vieles klären?
Was da geprüft werden soll, ist mir unklar. Natürlich gibt es eine Verantwortung für wirtschaftliche Fehlentscheidungen. Aber Ernst & Young kann nicht die politische Verantwortung prüfen. Ohnehin fragt man sich nach der Unabhängigkeit der Prüfer, wenn diese vor Weihnachten noch bei Milbradt und Finanzminister Tillich vorstellig werden müssen, um Vorgaben abzusprechen, von denen wir nichts wissen.
Wie heftig sind die Folgen durch den Verlust der Landesbank?
Dass es keinen Schaden gibt, ist Augenwischerei. Die Steuermehreinnahmen, die jetzt zur Absicherung des Deals benötigt werden, hätte man für sinnvollere Projekte, für Investitionen und zur Schuldentilgung einsetzen können. Zudem besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein Teil der Bürgschaft gezogen wird. Insofern gibt es eine Belastung für die Bürger. Da muss man ehrlich sein und sagen: Ja, ein Schaden ist eingetreten. Das Geld ist weg.
Die CDU hofft aber noch auf einen glimpflichen Ausgang der Geschichte. Sie auch?
Der Notverkauf der Landesbank ist eines der bittersten Kapitel in der Geschichte des Freistaates. Da ist jede Beschönigung unerträglich. Wir helfen deshalb mit, den Schaden so gering wie möglich zu halten.
Ist Georg Milbradt eine „lame duck“, eine lahme Ente?
Diese Frage muss die CDU beantworten. Geschwächt sind wir nach dem Debakel alle.
Interview: Sven Heitkamp