Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 10.01.2008

Nicolaus muss Bürgermeisterstuhl räumen

Beurlaubung nach Fördermittelbetrug / Geheimtreffen von Milbradt-Kritikern in Chemnitz
 
Dresden. Auf die CDU-Landtagsabgeordnete Kerstin Nicolaus kommen harte Zeiten zu. Gestern wurde bekannt, dass die wegen Fördermittelbetrugs verurteilte Politikerin auch ihren Posten als ehrenamtliche Bürgermeisterin von Hartmannsdorf (Zwickauer Land) räumen muss. Ausgangspunkt für die unehrenhafte Beurlaubung ist eine Aufforderung des Chemnitzer Regierungspräsidenten Karl Noltze (CDU). Dieser erklärte, der Umgang von Nicolaus mit Fördergeldern nach der Flut 2002 sei geeignet, „das Vertrauen in die Amtsführung der Bürgermeisterin nachhaltig zu erschüttern“.

Die CDU-Politikerin war Mitte November zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen je 37 Euro verurteilt worden. Damit gilt sie zwar nicht als vorbestraft, politisch ist der Fall aber heikel. In dem Prozess ging es um ein Sportlerheim in Container-Bauweise, das nach der Flut widerrechtlich als Massivbauwerk wiedererrichtet wurde. Darüber hinaus laufen Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen dubioser Reiseabrechnungen sowie Ungereimtheiten bei Material- und Telefonkosten in der Gemeindeverwaltung Hartmannsdorf.

Für Aufsehen sorgte gestern, dass Noltze Nicolaus als „verurteilte Betrügerin“ bezeichnete. Nicolaus-Anwalt Christian Steinbach jun. verwahrte sich dagegen. Solche Bewertungen stünden einem politischen Beamten nicht zu. Darüber hinaus enthalte der Suspendierungsbescheid erhebliche Rechtsmängel. Steinbach kündigte einen Eilantrag an. Er gehe davon aus, dass Nicolaus ihre Dienstgeschäfte bald wieder aufnehmen könne, sagte er.

In CDU-Kreisen kursierten gestern Gerüchte, das Vorgehen gegen Nicolaus sei mit der CDU-Spitze abgestimmt. Regierungschef Georg Milbradt (CDU) wolle „ein Exempel statuieren“, hieß es. Hintergrund ist offenbar ein Geheimtreffen einer so genannten Achter-Runde von Milbradt-Kritikern am vergangenen Sonnabend in Chemnitz. Dabei sei es um die Zukunft der Sachsen-CDU sowie des krisenbelasteten Regierungschefs gegangen. Die Teilnehmer des illustren Kreises waren die CDU-Abgeordneten Thomas Hermsdorfer, Frank Heidan, Alexander Krauß, Thomas Schmidt, Robert Clemen, Christian Steinbach, Minister Roland Wöller – sowie Nicolaus. Letztere bekomme nun den „langen Arm Milbradts“ zu spüren, hieß es.
Jürgen Kochinke