Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 16.01.2008
Kreisreform: Kritik an Äußerung von Milbradt
Leipzig/Dresden (rh/tm/S. H.). Eine Woche vor der Landtagsabstimmung ist der Streit über die Gebiets- und Verwaltungsreform in Sachsen neu entbrannt. Auslöser ist eine Bemerkung von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) gegenüber dieser Zeitung. Milbradt hatte auf die Frage, ob es stimme, dass der Kreissitz Borna ein Preis war, den man innerhalb der Koalition an die SPD zahlen musste, geantwortet: „Der Kreissitz Borna ist ein Teil der Absprachen mit der SPD.“
Milbradts Aussage sei „äußerst fatal und so nicht hinnehmbar“, erklärte gestern der Muldentaler Landrat Gerhard Gey (CDU). Im gesamten Verfahren habe das Muldental sich um sachliche Argumente für den Kreissitz Grimma bemüht. Er könne deshalb nicht akzeptieren, dass die Entscheidung offenbar „auf der Grundlage eines politischen Deals zwischen den Koalitionspartnern“ getroffen werde. Das sei „schlechter politischer Stil und eine politische Fehlleistung ersten Ranges“. Zudem sei es im verfassungsrechtlichen Sinne bedenklich.
Auch Grimmas Bürgermeister Matthias Berger (parteilos) übte heftige Kritik. Milbradt habe die Wahrheit sehr spät auf den Tisch gepackt, die da laute: Eigentlich müsste Grimma Kreisstadt sein, aber die Wahl fiel auf Borna, um den Koalitionspartner nicht zu verärgern. Berger: „Jeder Landtagsabgeordnete, der jetzt für Borna als Kreissitz stimmt, der macht sich mitschuldig.“ Die CDU-Abgeordnete Angelika Pfeiffer sagte, sie sei „ganz schön sauer“. Offenbar hätten keine Argumente für Borna gesprochen, sondern nur der politische Deal. „Das lassen wir uns nicht gefallen.“ Pfeiffer plant einen Änderungsantrag zugunsten des Kreissitzes in Grimma.
SPD-Generalsekretär Dirk Panter erklärte: „Der Kreissitz Borna ist nicht das Ergebnis einer Absprache, sondern einer Abwägung.“ Milbradt brüskiere sowohl den Innenminister als auch den Innenausschuss, die diese Entscheidung fachlich gegenüber dem Landtag und der Öffentlichkeit vertreten, so Panter. Die SPD stehe zur Funktional- und Verwaltungsreform.
Regierungssprecher Peter Zimmermann ließ gestern verlautbaren, die Entscheidung Borna statt Grimma als zukünftigen Kreissitz vorzusehen, beruhe auf der fachlichen Prüfung des sächsischen Innenministeriums. Die gesamte Funktionalreform, die Aufgabenübertragung vom Freistaat Sachsen auf die Kreise sowie die neuen Zuschnitte der Kreise, sei in der Koalition abgestimmt.
Zimmermann: „Borna als Kreisstadt gegenüber Grimma zu favorisieren, war zu keiner Zeit Forderung der SPD, sondern ein Vorschlag des Sächsischen Staatsministeriums des Innern. Die Entscheidung über den Gesetzentwurf und damit auch die künftigen Kreissitze fällt der sächsische Landtag.“