Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa/sn, 15:49 Uhr, 21.01.2008

Banker kritisiert Auslandsgeschäfte der Sachsen LB - Zeugen fehlen

 
Dresden (dpa/sn) - Die Auslandsgeschäfte der in Not geratenen Landesbank Sachsen sind von einem früheren Manager kritisch bewertet worden. Allerdings bezog sich der Jurist und Banker Claus Wilsing am Montag im Banken-Untersuchungsausschuss des Landtages nur auf die Zeit nach seinem Ausscheiden als Vorstand der Sachsen LB Europe mit Sitz in Dublin (Irland). Die Entwicklung danach sei ihm «völlig schleierhaft», gab der 41-Jährige zu Protokoll. Konkret nannte er riskante Engagements mit einem Fonds, bei dem das Ausfallrisiko am Ende bei 17,5 Milliarden Euro gelegen haben soll - mehr als der Jahreshaushalt des Freistaates.

Die Landesbank stand nach Spekulationen ihrer Dubliner Tochter auf dem US-Hypothekenmarkt vor dem Aus und konnte nur durch einen eiligen Verkauf an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gerettet werden. Sachsen bürgt zudem für mögliche Ausfälle riskanter Fonds mit 2,75 Milliarden Euro. Zur Absicherung der Landesbürgschaft soll ein großer Teil von Steuermehreinnahmen dienen. Der im August 2007 vereinbarte Verkauf der Sachsen LB muss noch von der EU genehmigt werden.

Wilsing hatte nach eigenem Bekunden 2005 dafür plädiert, die Sachsen LB Europe zu verkaufen. Dies hätte bis zu 500 Millionen Euro eingebracht. Möglicherweise sei man aber in Sachsen der Meinung gewesen, damit Tafelsilber zu veräußern. Er habe jedoch schon damals keine Entwicklungsmöglichkeit für die Bank in Dublin gesehen. Dafür sei auch deren Eigenkapitalausstattung zu gering gewesen. «Man wollte in zu kurzer Zeit zu viel Geld verdienen», sagte Wilsing auf die Frage, warum die Sachsen LB letztlich in Schieflage geriet.

Zwei andere Zeugen blieben am Montag der Vernehmung im U-Ausschuss fern: Ex-Vorstand Michael Weiss und die frühere Chefin der Bankentochter Mitteldeutsche Leasing AG, Andrea Braun, leben inzwischen als Paar auf Zypern und fehlten ohne Angabe von Gründen. Die Linken erwägen nun, beide per Rechtshilfeersuchen vorzuladen.

«Die bisher von der Staatsregierung gepflegte Legende, sie sei von den Ereignissen in Dublin überrascht worden, ist durch die Zeugenaussage von Wilsing und jetzt vorliegenden Akten ad absurdum geführt», bewertete Klaus Tischendorf (Linke) die Vernehmung. «Alle milliardenschweren Großgeschäfte, die letztlich zum Ruin der Sachsen LB geführt haben, wurden vom Kreditausschuss der Landesbank unter Vorsitz des Finanzministers entschieden.»

Auch für die FDP ist erwiesen, dass Sachsens Regierung spätestens im Sommer 2005 über die riskanten Irland-Geschäfte im Bilde war. «Der Untersuchungsausschuss wird nun klären müssen, wer für diesen groben Fehler die politische Verantwortung trägt», sagte Obmann Andreas Schmalfuß. Die Grünen verlangten, den Auftrag des U-Ausschusses unverzüglich zu erweitern. Sie wollen die Akten des Kreditausschusses der Sachsen LB auf dem Tisch und dessen Mitglieder vorladen. Bislang beschäftigt sich der U-Ausschuss nur mit Vorgängen bis Frühjahr 2005.

dpa su yysn z2 sb
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