Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, Seite 8, 22.01.2008

Sächsische Symptome

WestLB rutscht wegen Spekulationen in Verlustzone / Eigentümer schnüren Milliarden-Hilfspaket
 
Leipzig. Die Gesellschafter der Westdeutschen Landesbank (WestLB) wollen rund zwei Milliarden Euro frisches Kapital bereitstellen, um die Löcher in der Bilanz des angeschlagenen Geld- instituts zu stopfen. Wie der Düsseldorfer Konzern gestern mitteilte, werden das Land Nordrhein-Westfalen sowie die Landschafts- und Sparkassenverbände den zu erwartenden Milliarden-Verlust aus dem Geschäftsjahr 2007 ausgleichen. Des weiteren sollen mit dem frischen Geld umfangreiche Abschreibungen bei Wertpapieren aus Spekulationsgeschäften aufgefangen werden. „Unsere Eigentümer haben unter Beweis gestellt, dass sie voll hinter der Bank stehen“, bekräftigte gestern der Vorstandsvorsitzende der WestLB, Alexander Stuhlmann.

Am Sonntag war bekannt geworden, dass die WestLB ähnlich wie die SachsenLB wegen Fehlspekulationen am US-Immobilienmarkt und der internationalen Finanzmarktkrise tief in die roten Zahlen gerutscht ist. „Nach jetzigem Stand geht der Vorstand davon aus, dass der Jahresverlust im Konzern rund eine Milliarde Euro betragen wird“, teilte ein WestLB-Sprecher dieser Zeitung mit. Dazu kämen Wertberichtigungen von nochmals rund einer Milliarde Euro.
Über die genaue Ausgestaltung und die zeitliche Umsetzung der Finanzspritzen werde jedoch kurzfristig entschieden, sagte der WestLB-Sprecher weiter. Als Mehrheitsaktionär der WestLB müsste theoretisch das Land Nordrhein-Westfalen allein mehr als 700 Millionen Euro beisteuern. „Fakt ist, wir müssen erhebliche Anstrengungen unternehmen und auch Maßnahmen zur Effizienzsteigerung einleiten“, erklärte der Sprecher der Landesbank. Vor diesem Hintergrund waren die Eigentümer der WestLB am Sonntagabend in Köln zu einer Krisensitzung zusammengekommen. An dem Treffen hatten laut Pressemeldungen Bundesbank-Präsident Axel Weber und der Chef der Finanzaufsicht Bafin, Jochen Sanio, teilgenommen.

Beide waren auch an den Verhandlungen zur Rettung der Sächsischen Landesbank beteiligt. Die wurde Ende vergangenen Jahres wegen drastischer Fehlspekulationen ihrer irischen Tochtergesellschaften in faule Immobilien-Kredite in den USA – die drei größten Fonds hatten risikobehaftete Engagements in Höhe von 25,5 Milliarden Euro größtenteils in den USA getätigt – in einem Notverkauf an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) übereignet. Der Freistaat Sachsen musste zur Absicherung bilanzieller Risiken der LBBW außerdem eine Bürgschaft über 2,75 Milliarden Euro ausstellen. „Im Moment läuft der Integrationsprozess“, teilte eine SachsenLB-Sprecherin auf Anfrage mit.

Medienberichte, wonach bei der WestLB wegen des Kostendrucks etwa 2000 der insgesamt 5900 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen, wollte der Sprecher nicht kommentieren. „Über Details werden wir erst sprechen, wenn sie feststehen.“ Ob die WestLB erneut ein Übernahmekandidat für die LBBW werden könnte, deren erster Kaufversuch am Nein der nordrhein-westfälischen Landesregierung gescheitert war, ließ er unkommentiert. Ebenfalls unklar blieb, wie viel Geld die WestLB beziehungsweise deren Tochtergesellschaften am US-Hypothekenmarkt investiert haben und wie hoch die finanziellen Risiken beziffert werden. Ende vorigen Jahres hatte die WestLB jedoch einräumen müssen, dass es sich bei den Spekulationen um ein Investitionsvolumen von rund 25 Milliarden Euro handeln könnte.

Schon 2007 hatte die WestLB mit missglückten Aktiengeschäften über eine halbe Milliarde Euro in den Sand gesetzt und deshalb im ersten Halbjahr Verlust gemacht. Der Vorstand musste reagieren. Es wurde ein Zehn-Punkte-Plan erstellt, der eine Neuausrichtung des Geschäftsmodells und Gespräche über eine mögliche Fusion beinhaltet. Dieser war am 12. Dezember beschlossen worden. Die entsprechenden Arbeitsgruppen haben ihre Arbeit aufgenommen.

Wie es dazu von Seiten der Düsseldorfer gestern hieß, seien die Eigentümer trotz der aktuellen Lage daran interessiert, die Gespräche über ein Zusammengehen mit der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) fortzusetzen. Die WestLB wolle ihren Beitrag zur Konsolidierung im Landesbankensektor leisten, hieß es. Ein Sprecher der Helaba äußerte sich gegenüber dieser Zeitung zurückhaltend. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt geben wir zu diesem Thema keine Stellungnahme ab“, sagte er in Frankfurt/ Main. Insidern zufolge könnten sich die Fusionspläne zwischen WestLB und Helaba angesichts der jüngsten Entwicklungen jedoch verzögern. „Zunächst einmal müssten alle eventuellen Risiken bei der WestLB identifiziert werden“, hieß es aus Bankenkreisen.
Alexander Weise