Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 26.01.2008

Der Rammbock – hoch geschätzt und unbeliebt

Sachsens SPD-Genossen spaltet wieder einmal die Frage: Wie hältst Du es eigentlich mit Karl Nolle?
 
Wenn der SPD-Abgeordnete Karl Nolle im Landtag ans Rednerpult tritt oder sein Büro überraschend eine Pressemitteilung herausgibt, zittert man gleich in zwei Parteien. Die CDU, der Nolle dann üblicherweise rüde die Leviten liest, wartet ab, woher der Schlag diesmal kommt. Die SPD-Spitze versucht dagegen, den politischen Flurschaden abzuschätzen, um zu entscheiden, ob man sich für Nolle beim Koalitionspartner entschuldigen muss oder einfach schweigt. Das ändert sich jeweils von Fall zu Fall.

„Kuscheln oder kämpfen“

Diese Woche war eine Entschuldigung angesagt. „Ich bin verärgert“, diktierte SPD-Fraktionschef Martin Dulig den Reportern eilig ins Mikrofon, nachdem sich Karl Nolle im Landtagsplenum ungeachtet der gültigen Tagesordnung seinem Lieblingsthema zugewandt hatte: CDU-Ministerpräsident Georg Milbradt und dessen Verantwortung bei der Fast-Pleite der Sächsischen Landesbank. Und wie immer klang bei Nolles Rede dabei eine unverblümte Rücktrittsforderung durch, was in den CDU-Reihen sofort für lautstarke Empörung und die boshafte Frage sorgte, ob die SPD weiter mitregieren oder endlich auf die Oppositionsbank wechseln wolle?

Duligs prompte Entschuldigung konnte die Wogen etwas glätten – allerdings nur bei den Christdemokraten. Die SPD dagegen bleibt gespalten. In der Landtagsfraktion wird Nolle von einigen Abgeordneten unterstützt, andere schelten ihn einen notorischen Querkopf.

Dabei scheint aber die Zeit vorbei, als der heute 62-jährige Nolle meist nur im Alleingang agierte. An seiner jüngsten Attacke auf Milbradt beteiligten sich mit Mario Pecher und Stefan Brangs immerhin zwei Fraktionskollegen. Und auch die Basis rührt sich. Nolles Ortsverein, der 120 von 500 Dresdner SPD-Genossen stellt, meldete sich jetzt bei Martin Dulig mit einem Brief.

Der Inhalt: Die SPD müsse Regierungschef Milbradt, der sich zurzeit mit einer „peinlichen Medienoffensive täglich mit einer guten Nachricht schmückt“, endlich stärker Paroli bieten. Eine Strategie, die die Koalition mit der CDU jedoch kurzfristig in Frage stellen könnte und deshalb nicht bei allen sächsischen Sozialdemokraten als der richtige Weg gilt. Doch nicht nur in Nolles Umfeld spricht man von einer fälligen Richtungsentscheidung. Angesichts der nächsten Landtagswahl im Herbst 2009 müsse man bereits heute eine wichtige Sache klären: Entweder kuscheln oder kämpfen.
Von Gunnar Saft