Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 30.01.2008

SPD-Angriff auf Regierungschef verärgert CDU

Koalitionskreise vermuten, dass Mario Pecher Lebensgefährtin in Schutz nehmen wollte / Finanzpolitiker dementiert
 
Dresden. Die Kreisreform war kaum besiegelt, da gingen SPD-Abgeordnete ungewöhnlich scharf auf Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) los. Neben dem häufiger mal stichelnden Koalitionskritiker Karl Nolle, der Milbradt als „oberklugen Dickkopf“ bezeichnete, äußerte sich plötzlich auch SPD-Finanzpolitiker Mario Pecher, und spannte den Bogen zum Landesbank-Desaster. Es sei nicht vermittelbar, so Pecher, dass man die Kleinen jage, aber derjenige, der Hunderte Millionen veruntreut habe, seine Hände in Unschuld wasche.

Koalitionskreise sehen Pechers Auftritt jedoch mit großer Skepsis. Vermutet wird, dass der Zwickauer vor allem seine Lebensgefährtin in Schutz nehmen wollte, die ausgerechnet die CDU-Abgeordnete Kerstin Nicolaus ist. Die war jüngst als ehrenamtliche Bürgermeisterin von Hartmannsdorf wegen Betrugs verurteilt und danach von Parteifreunden aus dem Amt gedrängt worden. Doch Pecher wehrt das ab. Diese Dinge hätten nichts miteinander zu tun. Er frage sich, von wem und warum so etwas in Umlauf gebracht werde. Ob Ort und Zeitpunkt seiner Attacke glücklich waren, da sei er sich heute nicht mehr sicher, räumt Pecher ein. Doch sein Beweggrund sei ein anderer gewesen: Milbradts Bemerkung, die Vergabe eines Kreissitzes nach Borna beruhe auf einer Absprache mit der SPD, habe den Sozialdemokraten massiv geschadet. Pecher: „Er hat unsere Arbeit konterkariert.“

Angreifbar ist Pecher aber auch, weil er mit im Kreditausschuss der Landesbank saß und damit ebenfalls Verantwortung für das SachsenLB-Debakel trägt. „Ich stehe zu dieser Verantwortung“, sagt Pecher. Doch die Risiken und Konsequenzen der Landesbank-Geschäfte seien verschleiert worden. Da sei es unehrlich, sich nun hinter Gremien verstecken zu wollen. „Hass auf die Koalition“ lasse er sich allerdings nicht vorwerfen. „Wir arbeiten ansonsten gut zusammen“, betont Pecher.

In der CDU sorgt die „Kulturlosigkeit“ der SPD jedoch für mächtige Verärgerung. So verlangte Fraktionschef Fritz Hähle, „verleumderische Beleidigungen“ wie die von Pecher dürften sich „nicht wiederholen“. Und CDU-General Michael Kretschmer legt im Gespräch mit dieser Zeitung nach: „Eine Koalition ist eine Vereinbarung zum Gestalten. Störenfriede, die in ehrverletzender Weise über den Ministerpräsidenten herziehen, muss man in die Schranken weisen.“ Jeder Angriff auf Milbradt sei ein Angriff auf den Koalitionspartner. „Das geht so nicht. Die Regierung könnte viel besser dastehen, wenn die Erfolge nicht durch Querschläger kaputt gemacht würden.“

Dass die Auftritte seiner Kollegen „kein Ruhmesblatt“ waren, räumt auch SPD-General Dirk Panter ein. Jetzt aber die Überbringer schlechter Nachrichten abzustrafen, weil sie damit den Regierungschef kritisieren, löse nicht das grundsätzliche Problem. Die CDU solle ihre Aufregung zurückfahren und nicht von ihren Hausaufgaben ablenken. „Eine Koalition ist ein Teamspiel – das gilt auch für die CDU-Spitze“, so Panter. Und zu Nolles Kritik äußert sich SPD-Chef Thomas Jurk salomonisch: „Ein Einzelspieler schießt gelegentlich spielentscheidende Tore. Doch manchmal kann man sich über seine Extratouren nur schwarz ärgern.“ Sven Heitkamp