Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 17:05 Uhr, 03.02.2008

Regierung rechnet mit 800 Millionen Euro Ausgaben für Sachsen LB - Nolle will Milbradt-Rücktritt - Sagurna vermisst «echten Vorwurf»

 
Dresden (ddp-lsc). In der Affäre um die Sachsen LB weist Staatskanzleichef Michael Sagurna Rücktrittsforderungen an Ministerpräsident Georg Milbradt (beide CDU) zurück. Zugleich sprach er am Wochenende in einem Zeitungsinterview von rund 800 Millionen Euro als einer möglichen Summe, die das Land im Zuge der Milliardenbürgschaft für die Sachsen LB tatsächlich wird bezahlen müssen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle steht indes weiter zu seiner im Landtag ausgesprochenen Rücktrittsforderung an Milbradt.

Nach Einschätzung von Sagurna ist «klar», dass von der Landesbürgschaft «in den nächsten Jahren immer mal wieder etwas fällig wird». Die Regierung gehe «aber davon aus, dass der Gesamtrahmen nicht annähernd erreicht wird». Bereits im Dezember hatte der Haushaltsausschuss des Landtags die Bürgschaftsrücklage um 825 Millionen Euro erhöht. Es sei damit zu rechnen, dass «diese Summe über die nächsten fünf, sechs Jahre fällig werden könnte». Es könne «allerdings auch deutlich weniger sein». Sachsen haftet mit insgesamt 2,75 Milliarden Euro für die Risiken der an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) verkauften Sachsen LB.

Sagurna wies zugleich Vorwürfe zurück, Milbradt trage für das Desaster um die Sachsen LB die politische Verantwortung. Dafür bemühten die Milbradt-Kritiker lediglich «drei generelle Aussagen». Demnach sei er Finanzfachmann, habe die Sachsen LB mitgegründet und sich «in einer ganz anderen Frage, die die Bank betraf, einmal sehr intensiv unterrichten» lassen. Sagurna: «Wenn das alles ist - woran lässt sich dann ein echter Vorwurf festmachen?»

Nolle nannte seine Rücktrittsforderung indes «inhaltlich gut begründet». Dafür, dass Milbradt auch nach 2001 über die Vorgänge in der Bank unterrichtet gewesen sei, gebe es «ausreichend Hinweise und Indizien». Nach seinen Informationen hat der Regierungschef etwa in späteren Kabinettssitzungen «interne Einzelheiten von Diskussionen aus dem Verwaltungsrat der Bank heftig kritisiert». Milbradt könne ihn auch nicht davon überzeugen, dass er sich «um Pipifax, aber nicht um die Risiko-Milliarden gekümmert haben» wolle.

Linksfraktionschef André Hahn sprach von einem gescheiterten Versuch Sagurnas, Milbradt zu entlasten. Der Regierungschef sei «für den Strategiewechsel der Sachsen LB hin zu hochriskanten Spekulationsgeschäften verantwortlich». Sagurna wolle zudem die Bevölkerung «in homöopathischen Dosen an den horrenden Gesamtschaden» gewöhnen. Die Linksfraktion vermute, dass der größere Teil der Verluste erst nach der regulär im Herbst 2009 anstehenden Landtagswahl fällig werde.

FDP-Fraktionschef Holger Zastrow nahm Sagurnas Äußerung als Beleg dafür, dass der Freistaat «mit einem erheblichen finanziellen Schaden aus der Landesbank-Krise gehen» werde. Die Regierung müsse nun verraten, «wie sie das fehlende Geld beispielsweise für Bildungs- und Sozialpolitik, für Wirtschaftsförderung und Investitionen kompensieren» wolle.

Von Tino Moritz

(Quellen: Nolle im ddp-Interview; Sagurna in der »Leipziger Volkszeitung" (Samstagausgabe); Hahn und Zastrow in Mitteilungen)

ddp/tmo/muc
031705 Feb 08