Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 02.02.2008

UNTERM STRICH

Kerviel kennt mittlerweile jeder. Der Mann hat 5 Mrd Euro verzockt und Claus Wilsing drehte für die SachsenLB ein Milliardenrad.
 
Manche Menschen erklimmen die höchsten Berge, stiften Frieden oder heilen Kranke – und dennoch bleiben sie für viele ein Leben lang unbekannt. Jérôme Kerviel hingegen ist über Nacht zum Star geworden, hat es zu weltumspannender Berühmtheit gebracht. Es gibt Videoclips über ihn, Fanclubs, T-Shirts mit der Aufschrift „Jérôme Kerviels Freundin“, sogar Spendenaufrufe. Dabei hat der Mann fünf Milliarden Euro – das ist eine Fünf mit neun Nullen – verzockt, das französische Bankensystem erschüttert und die Börsen in schwere Turbulenzen gestürzt. „Ich habe da etwas Abenteuerliches getan“, sagte der smarte 31-Jährige über seine Betrügereien. Aha.

Die Welt ist ungerecht. Kerviel kennt mittlerweile jeder. Mit dem Namen Claus Wilsing können hingegen nur die wenigsten etwas anfangen. Dabei kann der Investmentbanker fast mit Kerviel‘schen Verdiensten aufwarten. Wilsing drehte für die SachsenLB ein Milliardenrad. Er baute 1999 mit erst 33 Jahren in Dublin ein Tochterinstitut auf, jonglierte mit Briefkastenfirmen, kassierte nebenbei Millionen und hinterließ ein Fiasko, das nach seinem Weggang von der Bank 2005 auf stattliche 17 Milliarden Euro anwuchs.

Für die Verluste steht jetzt teilweise der Freistaat ein, also der Steuerzahler. Wilsing spreche über seine Transaktionen, als würde er bei Ebay Klamotten ersteigern – null Unrechtsbewusstsein, sagt Ausschussmitglied Karl Nolle, der den Banker befragte. Nur zu gern wüsste der SPD-Mann, wie er die „Hintermänner“ des SachsenLB-Skandals, also jene, die die Geschäfte gebilligt haben, dran kriegen kann. Vorerst grübelt Nolle über ein T-Shirt-Motiv: Darauf könnte stehen „Ein guter Tag für Sachsen“. So freute sich Landesvater Georg Milbradt über den Verkauf der maroden SachsenLB an die Landesbank Baden-Württemberg.
Andreas Dunte