Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 28.02.2008
„Ich bin offen für andere Konstellationen“
SPD-Fraktionschef Martin Dulig schließt Koalition mit der Linkspartei nicht aus, sieht für Rot-Rot aber noch viele hohe Hürden.
Herr Dulig, rechnerisch reicht es in Sachsen zurzeit nicht für Rot-Rot-Grün oder ein Bündnis SPD-Linkspartei. Ist das deshalb auch kein Thema für die SPD?
Es ist immer dann ein Thema, wenn man sich mit einem konkreten Wahlergebnis auseinandersetzen muss. Dann muss man miteinander reden, welche Konstellationen möglich sind und welche nicht. Das ist ein normaler demokratischer Vorgang, der gilt in Sachsen genauso wie in anderen Bundesländern.
Und wenn es nach einem Wahltag einmal reichen sollte?
Wofür?
Zum Beispiel für Rot-Rot-Grün?
Das wäre mir schon zu wenig. Immerhin sind Zweier-Bündnisse stabiler als Dreier-Bündnisse. Und die letzten Jahre haben gezeigt, dass es auch in Sachsen keinen Automatismus gibt, wonach ein Land nur einer Partei gehört. Die Zeiten der absoluten Mehrheit sind endgültig vorbei. Jetzt muss man schauen, wie sich einzelnen Teile des demokratischen Lagers zueinander verhalten. Ich bin jedenfalls offen für andere Konstellationen.
Warum sagen Sie nicht einfach, die SPD könnte notfalls auch mit der Linkspartei regieren?
Man sollte zunächst einige Realitäten zur Kenntnis nehmen. So besagen Umfragen, dass die CDU in Sachsen noch vorn liegt, sodass eine Fortsetzung der Großen Koalition viel wahrscheinlicher ist. Dazu kommt, dass auch die PDS bisher stärker ist als die SPD. Ein Zustand, den ich nicht akzeptieren kann und will – wir müssen stärker werden.
PDS? Sie meinen Linkspartei?
Für mich ist das weiter die PDS, denn diese Partei ist nicht links. Sie hat in Sachsen kein Programm und wir wissen nicht, für welche Themen sie eigentlich steht. Zudem steht noch ein André Hahn an der Spitze der PDS im Landtag. Es ist unvorstellbar, dass wir gerade ihm den Weg zur Staatskanzlei öffnen.
Was stört Sie denn konkret an der sächsischen Linkspartei und deren Führung?
Ganz klar gesagt: Die PDS hat seit der Landtagswahl 2004 nichts auf die Reihe gebracht. Erst hat man zwei Jahre die Nachfolgedebatte um den Fraktionsvorsitz geführt. Und wenn nicht zwei Untersuchungsausschüsse im Landtag – zur Korruptionsaffäre und zur Landesbank – zustande gekommen wären, hätte man gar kein Thema. Es kommt nichts. Keine Ideen, keine Anregungen, keine öffentlichen Debatten. Man nutzt nur Skandale, um sich über Wasser zu halten. Das ist zu wenig. Der quälende Vereinigungsprozess der ehemaligen PDS mit der WASG hat diese Partei um Jahre zurückgeworfen. Das alles ist ein Rückschritt.
Dafür machen Sie Spitzen der Linkspartei wie Fraktionschef André Hahn verantwortlich?
Selbstverständlich. Ich glaube, dass gerade bei André Hahn der Ehrgeiz größer ist als das politische Profil. Das ist ein Problem, denn dann wird es mit der inhaltlichen Substanz natürlich schwierig.
Sachsens SPD scheint dagegen die Macht gutzutun. In Umfragen liegen Sie heute zumindest über den mageren 9,8 Prozent von der Landtagswahl 2004.
Ja und nein. Grundsätzlich tut es gut, Verantwortung zu übernehmen und gestalten zu können – besonders nach 15 Jahren auf der Oppositionsbank. Die SPD kann endlich Erfolge vorweisen wie ein modernes Kita-Gesetz, Ganztagsschulen oder den Verzicht auf Studiengebühren. Auf der anderen Seite hat meine Partei Zeit gebraucht, die neue Rolle in der Regierung zu akzeptieren. Inzwischen ist das aber kein Problem mehr, und wir gehen gestärkt in die nächste Wahl 2009.
Allen Optimismus in Ehren, wie viele Jahre wird es aber noch dauern, bis die SPD in Sachsen in etwa so viel Zustimmung findet wie auf Bundesebene?
Die sächsische SPD ist heute nicht mehr die Zehn-Prozent-Partei von 2004. Wir haben uns deutlich konsolidiert, und das damalige Ergebnis ist für die Zukunft unakzeptabel. Gegenwärtig liegen wir in Umfragen bei 15 bis 18 Prozent. Das reicht mir aber nicht. Mein Ziel ist es, dass wir bei der nächsten Wahl das Ergebnis von 2004 mindestens verdoppeln.
Stichwort Landeshaushalt: Für politische Erfolge brauchen auch die beiden SPD-Minister in der Staatsregierung mehr Geld. Laut dem CDU-Finanzminister ist damit 2009 aber nicht zu rechnen.
Abwarten. Wir werden die SPD-Ministerien Wirtschaft und Wissenschaft/Kunst bei den Haushaltsberatungen unterstützen und setzen darauf, dass es auch genug Geld für Schwerpunktthemen wie Kitas, Bildung und den Arbeitsmarkt gibt. Wir nehmen die CDU dafür beim Wort. Dort hat man ja erklärt, dass der politische Handlungsspielraum der Koalition trotz der Rückstellung von mehr als 800 Millionen Euro für den Notverkauf der Landesbank künftig nicht eingeschränkt wird.
Das Gespräch führte Gunnar Saft