Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 17:23 Uhr, 11.03.2008

Entlastungspapier im Kabinettsauftrag

Regierung führt Krise um Sachsen LB auf bankinterne Fehler zurück - Schadenersatzklage geprüft
 
Dresden (ddp-lsc). Die Staatsregierung führt den Niedergang der Sachsen LB auf Managementfehler innerhalb der Bank zurück. Unter Verweis auf ein am Dienstag in Dresden vorgestelltes Gutachten der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young im Auftrag des Finanzministeriums sprach Regierungssprecher Peter Zimmermann von «folgenschweren Fehleinschätzungen» innerhalb der Bank und ihrer Tochterfirmen. Die Verantwortung dafür habe bei den Vorständen der Bank gelegen, heißt es in einer Erklärung der Regierung. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) zufolge hat die Expertise «innerhalb der Struktur der Bank» die Ursache herausgefunden, «warum das Risikomanagement versagt hat». Finanzminister Stanislaw Tillich (CDU) stellte Schadenersatzklagen in Aussicht.

Innerhalb der nächsten zwei Monate wolle er deren Erfolgsaussichten prüfen. Dazu werde er sich unter anderem mit der Sächsischen Finanzgruppe verständigen. Tillich vermied es, den Personenkreis zu benennen, gegen den die Zivilklagen gerichtet sein könnten. Es gilt indes als sicher, dass sie sich gegen frühere Bankvorstände richten würden.

Gefahren seien nicht erkannt worden, es habe an interner Transparenz gemangelt und bei Führungswechseln Informationsverluste gegeben, zudem sei das Risikomanagement unprofessionell gehandhabt worden, heißt es in der Erklärung der Regierung. Die Aufsichtsgremien, in denen auch Regierungsmitglieder vertreten waren, seien «nicht annähernd» ausreichend darüber informiert worden, «um die Schwere und Tragweite der Risiken aus den Dubliner Geschäften ihrer Tochterbank Sachsen LB Europe ermessen oder beurteilen zu können». Zimmermann zufolge ist die Frage nach möglichen «weiterführenden politischen Konsequenzen damit klar beantwortet».

Tillich erklärte ebenfalls, dass er aufseiten der politischen Ebene keine Schuld für die Sachsen-LB-Krise sehe. Den Prüfbericht von Ernst & Young werde er vollständig der Staatsanwaltschaft Leipzig zur Verfügung stellen. Vize-Regierungschef Thomas Jurk (SPD) nannte den Bericht «den entscheidenden Schritt zur Aufklärung der Vorgänge innerhalb der Landesbank».

Milbradt bezeichnete es als «großes Ärgernis, dass die Ereignisse um die Sachsen LB das Bild unseres Freistaates so lange ungut beeinflusst haben». SPD-Fraktionschef Martin Dulig sprach von einer Entlastung der in Verwaltungsrat und Kreditausschuss entsandten Vertreter. Auch für CDU-Fraktionschef Fritz Hähle ist nun belegt, dass sich die Aufsichtsgremien «nichts zuschulden kommen lassen» haben.

Dagegen warnten Vertreter der Opposition und der SPD-Obmann im Sachsen-LB-Untersuchungsausschuss, Karl Nolle, vor voreiligen Schlüssen. «Milbradt als Vorstandschef der Sachsen AG trägt für das Desaster ausschließlich alleine die politische Verantwortung», sagte Nolle. Linke-Finanzexperte Ronald Weckesser zufolge wird Milbradt durch das «bestellte Gutachten» politisch nicht entlastet. Vielmehr müsse gerade er sich fragen lassen, warum er «offensichtlich unfähige Manager an der Bankspitze über viele Jahre so protegiert hat, dass sie heute noch fürstliche Abfindungen kassieren».

FDP-Ausschussobmann Andreas Schmalfuß nannte es keineswegs stichhaltig, dass die Staatsregierung deshalb entlastet sein soll, weil ihren Vertretern in den Aufsichtsgremien nicht alle Informationen gegeben worden sein sollen. Kontrolle sei «eine Holschuld». Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau äußerte sich überrascht, dass Milbradt «jetzt glaubt, sich unter dem Gutachten wegducken zu können».

Die Sachsen LB war 2007 in eine finanzielle Schieflage geraten und schließlich an die Landesbank Baden-Württemberg verkauft worden. Sachsen haftet mit insgesamt 2,75 Milliarden Euro für drohende Verluste.
Von Tino Moritz

(Quellen: Zimmermann und Tillich vor Journalisten in Dresden; alle anderen in Mitteilungen)

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