Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 12.03.2008

„Fehlentscheidungen in der Bank“

Tillich stellt Gutachten zur SachsenLB vor / Vorstände informierten Gremien unzureichend
 
Dresden. Eine gute Stunde, nachdem der vorsichtig tastende Finanzminister Stanislaw Tillich (CDU) verschiedenste Journalistenfragen mit immer wieder ähnlichen Aussagen zur SachsenLB-Krise beantwortet hat, ergreift Peter Zimmermann plötzlich das Wort. „Es gab klare Fehlentscheidungen in der Bank“, sagt der Regierungssprecher, „mangelnde Transparenz“ und „Informationsverluste bei Führungswechseln“. Trotz einer langen Kette von Gremien seien die Risiken der Landesbank tragischer Weise nicht erkannt worden. Der Ministerpräsident fände es sehr ärgerlich, „dass die Ereignisse um die SachsenLB das Bild des Freistaates so lange ungut beeinflusst haben“.

Damit war die regierungsamtliche Lesart zur Aufarbeitung des Debakels der verkauften Landesbank klar: Für den Niedergang der SachsenLB sind einzig führende Bankmanager verantwortlich, nicht aber Versäumnisse der Politik und insbesondere der Regierung. Die treffe keine Schuld am Debakel der Bank.
Tillich war gestern vor die Presse getreten, um das Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young zur SachsenLB vorzustellen.

Demnach haben die Bank-Vorstände den Aufsichtsgremien zentrale Informationen über die 2004 gestarteten, außerbilanziellen Risikogeschäfte vorenthalten (diese Zeitung berichtete). Sicherheiten und Garantien seien „nicht in den Risikomanagementsystemen der Bank erfasst“ worden und hätten „auch in den Risikoberichten keinen Niederschlag“ gefunden. Auch die Jahresberichte der SachsenLB seien ohne nötige Hinweise aufgestellt, geprüft und verabschiedet worden. Gremien wie der Kreditausschuss und der Verwaltungsrat seien „über mehrere Jahre unzureichend informiert“ gewesen.

Zu Gründen und Ursachen dieser Desinformation sagte Tillich nichts. Die Schuldfrage wolle er gerichtlich klären lassen und werde den Prüfbericht jetzt der Staatsanwaltschaft übergeben. Außerdem prüfe sein Haus Schadenersatzansprüche gegen die Bank-Vorstände. Die Weglassung der Angaben zu finanzielle Verpflichtungen seien für die Gutachter „ein Versäumnis des Gesamtvorstandes“.

Tillich wies dabei auf eine besondere Situation der Sachsen hin: Für den Ormond Quay hätten die Landesbank und ihre Dubliner Tochter dank einer Patronatserklärung des Freistaates alle Risiken übernommen – die voll durch die Gewährträgerhaftung des Freistaats erfasst sind. Zwar habe eine Prüfung der Bundesfinanzaufsicht Bafin schon 2005 eine Reihe von Mängeln aufgedeckt. Der Vorstand habe 2006 jedoch behauptet, dass alle Probleme behoben seien. Auch nach weiteren Warnungen vor der Immobilienkrise hätten die Manager ihre Aktivitäten „nicht begrenzt, sondern noch ausgeweitet“ und kritische Nachfragen selbst im August 2007 noch mit beruhigenden Antworten abgetan.

Die Dubliner Bank-Tochter Sachsen LB Europe hatte sich mit Milliarden-Spekulationen in Zweckgesellschaften wie Ormond Quay und Georges Quay auf dem US-Immobilienmarkt massiv verhoben und damit das Leipziger Mutterhaus in eine gefährliche Schieflage gebracht. Die Landesbank Baden-Württemberg kaufte daher im vorigen Jahr die einzige ostdeutsche Landesbank auf.

Für Milbradt zeigt der Bericht, wie schwierig es war, die Ursachen in der Bank herauszufinden. Er dürfte sich von den Prüfern ein Stück weit entlastet sehen, nachdem er als Vater der Landesbank-Idee in den eigenen Reihen und beim Koalitionspartner SPD schwer unter Druck geraten war. Die Kritiker verstummten gestern allerdings nicht – sondern sehen Milbradt weiterhin „politisch verantwortlich“.
Von SVEN HEITKAMP

@Auszüge aus dem Prüfbericht unter www.lvz-online.de/download