Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 13.03.2008

„Es war wie auf der Titanic“

Für das Aus der Landesbank sind viele verantwortlich, sagt Ronald Weckesser, der Finanzexperte der Linksfraktion im Landtag.
 
Herr Weckesser, Sie waren ab März 2006 im Verwaltungsrat der Landesbank. Sind nur die Vorstände verantwortlich für die Fast-Pleite?

Nein, das reicht nicht.

Das von der Regierung in Auftrag gebene Gutachten kommt aber zu diesem Schluss.

Alles nur den Vorständen anzulasten, halte ich für unfair. Das Gutachten wird überschätzt. Mit politischer Verantwortung haben sich die Prüfer gar nicht beschäftigt. Insofern dient dieses Gutachten weder als Beweis von Schuld noch von Unschuld. Im Grunde sind wir damit bei der Aufarbeitung der Landesbank-Misere keinen Schritt weiter, sondern stehen wieder am Anfang.

Und wo begann die Misere?

Das fängt mit der Weichenstellung für die Landesbank an: mit der Gründung der Tochter in Dublin und mit dem Strategiewechsel 2001. All dies geschah mit Billigung der Politik und aller Aufsichtsgremien. Jeder, der daran mitgewirkt hat, muss sich fragen, inwieweit es richtig war, eine kleine Landesbank, die über so geringes Eigenkapital verfügte, mit dermaßen hohen Milliarden-Risiken zu belasten.

Aber die Eigentümer der Bank – Freistaat, Kommunen und Kreise – wollten viel Geld verdienen ...

Das war doch zuletzt wie auf der Titanic: Der Vorstand hatte auf der Kommandobrücke die Wahl, loszufahren, zu kündigen oder sich gleich zu erschießen. Er hat sich unter dem Erwartungsdruck der Eigner entschieden – für den gefährlichen Kurs.

Haben Sie sich als Verwaltungsrat ausreichend informiert gefühlt, um Entscheidungen über die Bank mittreffen zu können?

Wir haben den Vorständen vertraut. Ich habe mich weder betrogen noch falsch informiert gefühlt. Jeder, der in diesen Gremien saß, muss sich aber jetzt selbstkritisch fragen, ob er genug nachgefragt, kritisch hinterfragt hat, was uns da vermittelt wurde.

Waren Sie kritisch genug?

Vielleicht nicht immer. Aber in der Kette der Verantwortung stehe ich weit unten. Verantwortung fängt für mich ganz oben an. Da sind andere vor mir dran.

Regierungschef Georg Milbradt?

Dass er auch nach seinem Ausscheiden als Finanzminister 2001 von Bank-Interna nichts mehr gewusst hat, wie er behauptet, passt nicht zu dem Bild, das ich von ihm habe. Die Bank war sein „Lieblingskind“. Er hat die Baupläne entworfen für das gesamte Gebäude, das jetzt in Trümmern vor uns liegt.

Das Gespräch führte Annette Binninger.