Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 20.03.2008
„Kein besserer Kandidat in Sicht”
CDU-Generalsekretär Kretschmer über die Nachfolge von Ministerpräsident Milbradt
Den Amtsbonus des Regierungschefs zu verschenken, nennt er töricht.
Michael Kretschmer, Generalsekretär der sächsischen CDU, favorisiert im Gespräch mit Hubert Kemper eindeutig Georg Milbradt für die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2009. Bis 2012 könne dieser sein Amt ausführen und dann einem Nachfolger Platz machen.
Freie Presse: In der CDU grummelt es, wenn die Rede auf Georg Milbradt und seine Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2009 kommt. Für Sie nachvollziehbar?
Michael Kretschmer: Die Nachwirkungen der letzten Monate sind überhaupt nicht zu leugnen. Die Regierung ist inzwischen deutlich sichtbar wieder in der Spur. Sachsen steht wirtschaftlich so gut da wie kein anderes Bundesland im Osten. Auch das ist ein Grund dafür, dass die Zustimmungswerte für die CDU in Sachsen unverändert hoch sind. Alle Umfragen sagen, die CDU könnte in Sachsen zwischen zwei Koalitionspartnern für eine Mehrheitsbildung wählen. In keinem anderen Bundesland sind wir so beliebt.
Freie Presse: Hängt Ihrem Ministerpräsidenten der Landesbank-Notverkauf nicht wie ein Mühlstein am Hals?
Kretschmer: Wir erleben weltweit eine beispiellose Finanzkrise, die die Sachsen-LB deshalb als erstes und so deutlich getroffen hat, weil sie ein vergleichsweise kleines Institut war, das sich dramatisch verhoben hat. Ohne das entschiedene Eingreifen des Ministerpräsidenten hätte ein echtes Debakel gedroht. Seit einigen Wochen wissen wir, dass wir mit einem blauen Auge davongekommen sind.
Freie Presse: Spricht nicht einiges dafür, einen unbelasteten Nachfolge-Kandidaten vor der Wahl zu küren?
Kretschmer. Weshalb? Ich sehe keine Persönlichkeit, die geeigneter wäre, dieses Land zu führen und keinen Bewerber, mit dem die CDU bessere Wahlchancen hätte. Die CDU in Sachsen steht selbst bei Umfragen, die die Linke in Auftrag gegeben hat, in fast allen Kompetenzfragen ausgezeichnet da. Das gilt sogar für die soziale Kompetenz, wo wir vor allen anderen Parteien liegen. Georg Milbradt ist nach seinem Brandenburger Kollegen Matthias Platzeck der beliebteste Ministerpräsident im Osten. Er gehört zu einer Kategorie von Politikern, die es in Deutschland immer weniger gibt Deswegen ist er für mich die klare Nummer Eins.
Freie Presse: Die CDU ist demzufolge alternativlos auf Milbradt festgeschrieben?
Kretschmer: Die Stärke unserer Partei ist es, dass wir eine Reihe geeigneter Kandidaten in der zweiten Reihe haben, die zum richtigen Zeitpunkt die Nachfolge übernehmen werden. Georg Milbradt wird diesen Prozess begleiten wie Bernhard Vogel das in Thüringen getan hat.
Freie Presse: In welchem Zeitrahmen stellen Sie sich den Übergang vor?
Kretschmer: Ich finde, ein Ministerpräsident sollte seinen 70. Geburtstag nicht im Amt feiern. Milbradt klebt nicht an seinem Amt, sondern will seine Aufgabe zu Ende bringen. Klar ist auch, dass man den Zeitpunkt seines Ausscheidens nicht Jahre zuvor bekannt gibt. Sonst gilt man als lahme Ente.
Freie Presse: Können Sie sich vorstellen, dass Milbradt früher ausscheidet und als amtierender Regierungschef mit einem Nachfolge-Kandidaten in den Wahlkampf zieht?
Kretschmer: Ich halte das für ausgeschlossen. Den Amtsbonus zu verschenken, wäre töricht und kontraproduktiv. Zudem lehren frühere Beispiele aus anderen Bundesländern, dass der Schuss nach hinten losgeht, wenn man sich nicht geschlossen hinter den Mann stellt, der das Land führt. Wir sollten auf jeden Fall mit einem Kandidaten antreten, der als Ministerpräsident beweisen konnte, dass er es kann.
Freie Presse: Also würde Milbradt als Partei- und Regierungschef zurücktreten, wenn er nach 2009 einem anderen Platz machen soll?
Kretschmer: Milbradt ist angetreten, um seine Verantwortung für das Land zu erfüllen, und zwar nach dem Motto: Ganz oder gar nicht. Für taktische Spielchen ist er nicht zu haben. Deshalb glaube ich nicht, dass jemand ihm einen solchen Vorschlag unterbreiten wird. Die Konsequenzen liegen klar auf der Hand.
Freie Presse: Das klingt wie eine Drohung.
Kretschmer: In der Politik droht man nicht. Natürlich. zählt es zu den demokratischen Rechten, über Alternativen zu diskutieren. Doch ebenso zählt es zur politischen Intelligenz, über Alternativen nur dann zu reden, wenn man eine hat. Wir haben einen Spitzenmann, und das ist Georg Milbradt.
Freie Presse: Wann wird Klarheit in der Debatte herrschen?
Kretschmer: Spätestens im Herbst.