Karl Nolle, MdL

SPIEGEL 13/2008, Seite 186, 23.03.2008

Peter von Oertzen

 
Peter von Oertzen, 83. Tief enttäuscht trat er im März 2005 aus der SPD aus, deren Geschichte er knapp 60 Jahre mitgeschrieben hatte. Es gebe keine Partei, sagte er damals, "die mehr die Auffassung des großen Kapitals vertritt als die SPD". Es war die Entscheidung eines konsequenten Sozialisten: Schon im Richtungsstreit Ende der fünfziger Jahre hatte er sich gegen den Wandel der SPD von einer sozialistischen Arbeiter- hin zu einer Volkspartei gestemmt - vergebens.

Seine Karriere setzte er dennoch unbeirrt fort, wurde Landtagsabgeordneter und Kultusminister in Niedersachsen, zudem Professor für Politikwissenschaft in Hannover. Zeitlebens war für ihn die Analyse die notwendige Voraussetzung politischer Praxis. Schon früh trat er für eine Öffnung der SPD nach links ein und gehörte 1997 zu den Unterzeichnern der "Erfurter Erklärung" für ein Linksbündnis mit Grünen und PDS. Die Politik der rot-grünen Regierung lehnte er ab, Kanzler Schröder nannte er einen "aufstiegssüchtigen Plebejer". Er dagegen sei und bleibe Sozialist. Peter von Oertzen starb am 16. März in Hannover.