Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 27.03.2008

Grüne sehen beim Haushalt schwarz

Hermenau wittert Risiken durch Sachsen-LB-Bürgschaft und will per Klage Nachtragshaushalt durchdrücken — Attacke auf SPD-Staatssekretär
 
Dresden. Streng und schneidend scharf kann sie sein, wenn sie sich in ihren Rechten übergangen fühlt. Im Visier hat Antje Hermenau den Ministerpräsidenten: „Georg Milbradt war nicht gewohnt, ordentlich kontrolliert zu werden." Das vermeintlich Versäumte plant die Fraktionschefin der Grünen jetzt auf dem Klageweg vor dem Verfassungsgericht nachzuholen. Sie will die Regierung zwingen, einen Nachtragshaushalt aufzustellen. Dies hatte der Landtag nach dem Notverkauf der Sachsen-LB im Dezember 2007 mehrheitlich abgelehnt und stattdessen der Übernahme einer Bürgschaft über 2,75 Milliarden Euro für eine neu gegründete „Superzweckgesellschaft" zugestimmt.

„Unzulässig" und „verfassungswidrig" sei dieses Verfahren, kritisiert Hermenau. Bei der Bürgschaft handele es sich nicht um die Gewährung einer Garantie, sondern um Liquiditätshilfe für eine außerbilanzielle Zweckgesellschaft. Da diese kein Unternehmen der sächsischen Wirtschaft sei und auch sonst keinen Bezug zu Sachsen habe, entfalle die Förderfähigkeit und damit die Rechtsgrundlage für die Übernahme der Bürgschaft.

Angst vor Kürzungen

Realistisch ist nach Einschätzung der Grünen die Gefahr, dass der Freistaat für die Bürgschaft in Anspruch genommen wird. Würde dieser Fall eintreten und der Betrag von 825 Millionen Euro, der bereits aus Steuermehreinnahmen im Haushalt eingestellt worden ist, überzogen, drohten Eingriffe des Finanzministers: Kürzungen von Investitionen, aber auch Ausgaben im Sozialbereich. Daher rührt das Bestreben der Grünen, über einen Nachtragshaushalt parlamentarisch Mitsprache ausüben zu können.

Mit der Organklage will Hermenau nicht nur auf drohende Risiken aus einer Schieflage der Staatskasse aufmerksam machen. Die Regierung habe die Verfassung auch gebrochen, als sie eine Patronatserklärung zugunsten der außerbilanziellen Zweckgesellschaften abgab. Diese unbegrenzten Haftungsgarantien ermöglichten der Sachsen-LBEurope Spekulationsgeschäfte in Milliarden-Höhe, die zur Beinahe-Pleite der Bank führten.

Steuerzahler als Eigenkapital

„Das Desaster hätte vermieden werden können, wenn diese Patronatserklärung zurückgewiesen worden wäre", sagt Hermenau und spricht damit den damaligen Wirtschaftsstaatssekretär Christoph Haber-mann (SPD) an. Er habe am i 6. Juni 2005 auf Nachfrage im Kreditausschuss der Landesbank mitgeteilt, dass der Freistaat alle Risiken aus Kursverlusten des Fonds Ormond Quay zu tragen habe. Ihre beißende Schlussfolgerung: „Der Steuerzahler wird als Eigenkapital missbraucht." Sie habe keine persönliche Fehde mit Milbradt, betont Hermenau. Doch die kleinste Fraktion im Landtag sei nunmehr „krachgebürstet" und behalte sich eine weitere Klage vor dem Verfassungsgericht vor, da die Regierung Antworten auf Anfragen verweigere. Sie sei bestrebt, verlorenes Vertrauen in der Bevölkerung zurückzugewinnen.

Das Finanzministerium weist die Kritik zurück. Für einen Nachtragshaushalt habe man wissen müssen, ob und wenn ja, wann in welcher Höhe Zahlungen fällig werden. Da dies nicht möglich ist, sei die Garantie das richtige Instrument. Bisher sei die Bürgschaft noch nicht in Anspruch genommen worden.
von Hubert Kemper