Karl Nolle, MdL

BILD Sachsen, 07.04.2008

Privater Geschäfte mit der Sachsen Bank

Soviel Tausend Euro hat Georg Milbradt über Jahre kassiert
 
Dresden - Erst vor einer Woche hatte Ministerpräsident Georg Milbradt (63/CDU) das Kreuzverhör im Untersuchungsausschuss zur SachsenLB-Krise überstanden. Jetzt belasten ihn neue Vorwürfe.

Durch das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel" wurde bekannt, dass Milbradt 1996 als Finanzminister privates Geld in den Bau der Leipziger Sachsen LB-Zentrale investierte - und daran bis heute gut verdient.

BILD erklärt Milbradts private Geschäfte

# 1996 soll das pompöse Bürogebäude für die Sächsische Landesbank für 88 Mio. Euro in Leipzig gebaut werden (11 740 Quadratmeter).

# Zur Finanzierung wird der Immobilien-Fonds „Kyma Objekt Löhr's Carre" aufgelegt. Bis 16. Dezember 1996 müssen Investoren einsteigen. Danach wird der Fonds geschlossen - und schüttet nur noch seine Gewinne aus.

# Als Finanzminister ist Milbradt im Verwaltungsrat der Bank. Er kennt alle internen Details: über Miet-Einnahmen, Laufzeiten, Verträge. Er weiß also, dass es kein Risiko gibt. In Fachkreisen „Insiderwissen" genannt.

# Er beteiligt sich privat (zusammen mit seiner Frau Angelika, 62) mit umgerechnet 100 000 Euro an dem Fonds! Einen Teil des Geldes dafür lieh er sich sogar von der Sachsen LB.

# Besonders pikant: Alle Verluste des Fonds hätte der Steuerzahler niesgleichen müssen, weil der Fonds von der staatlichen Landesbank aufgelegt wurde, für die der Freistaat bürgt!

# Bis heule kassieren die Milbradts jährliche Renditen.

Regierungssprecher Peter Zimmermann (32) verteidigt: „Es gibt weder aus damaliger noch aus heutiger Sicht ein Problem mit diesem Engagement!" Trotzdem schlagen die Wellen der Empörung hoch (s. Kasten unten).

Das Geschäft deckte nun der SPD-Abgeordnete Karl Nolle auf. „Meine Aufgabe ist es, Verstrickungen beim Thema Landesbank herauszufinden und den Nebelschleier wegzuziehen. Das habe ich getan."

BILD erreichte Milbradt gestern Mittag telefonisch in seinem Haus in Dresden-Pappritz. Konfrontiert mit dem Kredit, reagierte er kurz angebunden: „Nein, dazu sage ich nichts..."
Von A. Harlass und Chr. Fischer


Was Sachsens Politik zu den Enthüllungen sagt
Moralisch ist das eine Katastrophe!

Egal. ob Milbradts Geschäfte mit der Sachsen-Bank legal waren oder nicht. Für die Opposition steht fest so etwas gehört sich nicht.

# FDP-Chef Holger Zastrow (39): „Es ist unmoralisch und zeugt von einem zunehmenden politischen Sittenverfall. Besonders für Spitzenpolitiker gilt: Es gibt Sachen, die macht man
nicht, selbst wenn man es juristisch darf."

# Michael Weichert (541. Grünen-Obmann im SachsenLB-Ausschuss: „Es ist nicht strafbar - aber auch nicht anständig. Das Geschäft alleine ist kein Grund, zurückzutreten. Aber ein weiterer Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt."

# André Hahn 44 Chef der Linksfraktion: „Ein klassisches Insidergeschäft zum Zweck der persönlichen Bereicherung. Milbradt wird zu einer immer größeren Belastung für das Land."

Die Union gibt sich derweil nach außen geschlossen.

# CDU-General Michael Kretschmer (32): „Das war eine normale Beteiligung wie für jeden anderen Kunden auch. Ohne Sonderkonditionen, moralisch einwandfrei. Das Ganze ist der Versuch einer gezielten Rufschädigung und Skandalisierung!"

Auch Milbradts Koalitionspartner SPD bleibt offiziell sehr zurückhaltend.
# SPD-Generalsekretär Dirk Panter (34): „Wir erwarten eine persönliche Erklärung des Regierungschefs." Ob er die bekommt,ist offen.



Muss Milbradt diese Woche zurücktreten?
BILD fragte dazu den renommierten Politikwissenschaftier der TU Dresden, Prof. Werner Patzelt (54).

Prof. Patzelt: "Ob sich Milbradt im Amt halten kann, kommt darauf an, ob es jetzt weitere Einschläge gibt und Herr Nolle noch ein paar Sachen im Keller hat und sie gegen Milbradt herausholt."

Wie wird sich jetzt die Sachsen-CDU verhalten?

Prof. Patzelt: „Ich glaube nicht, dass sich die Herren Tillich, Flath und de Maiziere jetzt ein Herz fassen, um ihre Macht-Ansprüche geltend zu machen. Die Lage ist schlecht, ein Wahlsieg auch ihnen nicht gewiss. Die CDU-Fraktion wird still halten und abwarten, weil sie weiß, dass sie ihren Parteivorsitzenden nicht ändern kann. Interne Milbradt-Kritiker, wie Matthias Rößler, sind wahrscheinlich nicht mehrheitsfähig."