Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 09.04.2008

Bankinterne Kredite nicht unüblich

Landesbank reichte in 90er Jahren jährlich bis über vier Millionen Euro aus / Geldverleihung rückläufig
 
Leipzig/Dresden. Kredite der Landesbank an Verwaltungsräte und andere Mitglieder der Aufsichtsgremien seien absolut nicht ungewöhnlich und kämen häufiger vor. So lautet seit Tagen eine der Erklärungsstrategien, wenn es um die Kredite des Ehepaars Milbradt bei der SachsenLB geht. Die Gesamtsumme der Kredite ist tatsächlich auch kein Geheimnis: Sie wird einmal jährlich in den Geschäftsberichten ausgewiesen. Ihre Höhe betrug Ende 2005 und Ende 2006 lediglich noch jeweils 59 000 Euro. Noch laufende Kredite von ausgeschiedenen Gremien-Mitgliedern waren dabei allerdings nicht erfasst.

In den Jahren zuvor war der Stand allerdings deutlich höher: Ende 2004 eine Million, Ende 2003 knapp 1,1 Millionen Euro, Ende 2002 gut 1,15 Millionen und Ende 2001 rund 494 000 Euro. 1997 wurden fast 2,433 und 1998 sogar über 4,051 Millionen Euro vergeben. Wie viele Kredite es allerdings waren und an wen sie gingen, war zunächst nicht zu erfahren. Aus einer Kleinen Anfrage des SPD-Abgeordneten Karl Nolle geht lediglich hervor, dass die Landesbank bis Mitte 2004 mehr als 1000 Kredite für nicht geschäftliche Zwecke ausgereicht hatte. Die Mehrzahl seien Bestandteil von Fondsprodukten, insbesondere der Tochtergesellschaft Sachsen-Fonds. Das Gesamtvolumen lag bei rund 460 Millionen Euro. Bei Anfragen, ob unter den Kreditnehmern auch Mitglieder von Bankgremien und sonstige Politiker seien, hatte sich das Finanzministerium immer auf das Bankgeheimnis berufen.

Namhafte SPD-Vertreter haben die Dienstleistung eher nicht in Anspruch genommen. Weder Wirtschaftsminister Thomas Jurk noch dessen Staatssekretäre Hartmut Mangold und Christoph Habermann hätten eine Kredit von der Landesbank genommen oder Geld dort angelegt, sagte ein Sprecher. Auch die Leipziger Landrätin Petra Köpping verneinte ebenso wie ihr CDU-Kollege Michael Czupalla in Delitzsch: „Ich habe bei der SachsenLB keinen Kredit in Anspruch genommen und mich auch an keinem Fonds beteiligt.“

Tatsächlich scheinen zumindest in den letzten Jahren kaum noch Gremienmitglieder der SachsenLB in den Genuss von hauseigenen Krediten gekommen zu sein. Dies besagen Nachfragen bei Mitgliedern im Verwaltungsrat der Landesbank und bankinterne Statistiken. So erklärten der einstige Staatskanzleiminister Hermann Winkler, Ex-Wissenschaftsminister Matthias Rößler (beide CDU) und der einstige Dresdner Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP), solche Kredite nicht in Anspruch genommen zu haben. Teilweise hätten sie gar nicht gewusst, dass dies möglich sei.

Solch bankinterne Kreditvergaben an „Organmitglieder“ sind aber nicht nur durch Paragraph 15 des Kreditwesengesetzes gedeckt, sondern auch nicht unüblich. Ein Insider erklärt, dass der Fonds der SachsenLB zum Landesbankhochhaus, bei dem auch die Familie von Ministerpräsident Georg Milbradt Anteile kaufte, kein Selbstläufer war, die Bank deshalb über jeden Käufer froh gewesen sei. Dass neben einem Eigenkapitalanteil ein Rest der Kaufsumme kreditfinanziert sei, wäre üblich, sonst gebe es keine Steuerersparnis. Die Milbradts haben sich damals 172 000 Euro finanzieren lassen. Solch eine Art Mitarbeiterkredit sei aber mit den Krediten anderer Banken vergleichbar. Die hohen Summen für Gremienmitglieder von jährlich bis zu über vier Millionen Euro, die die Landesbank in den Jahren 1996 bis 2003 ausreichte, seien mit der privaten Immobilienfinanzierung von Sparkassenvorständen zu erklären, so der Bankinsider.
Andreas Friedrich/Sven Heitkamp