Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 10.04.2008

Milbradt treibt der SPD die Wähler zu

 
DRESDEN- Die private und politische Affäre von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) mit der gecrashten SLB schlägt deutlich auf die Wählerstimmung durch. Während die Union kräftig Stimmen verliert, gewinnt die SPD deutlich dazu.
Das „Institut für Marktforschung Leipzig" befragte in einer repräsentativen Blitzumfrage für die Morgenpost 812 Sachsen. Willy Koch, Sozialwissenschaftler des Institutes: „Der sächsische Wähler reagiert sehr moralisch. Er hat hohe Ansprüche an seine Politiker." Gerade der SPD käme dies momentan zugute. Koch: „Die SPD ist für den Wähler moralisch unbescholten und will aufklären." Zwischen 21 und 24 Prozent der Sachsen würden jetzt SPD wählen. Zur letzten Landtagswahl 2004 waren es nur 9,8.

Die CDU hingegen verliert kräftig an Vertrauen. Nur noch 36 bis 38 Prozent der Sachsen votieren für sie (2004: 41,1 Prozent). Koch: „Viele klassische CDU-Wähler würden derzeit offensichtlich eher gar nicht wählen oder zur SPD wechseln." Sie seien enttäuscht von ihrer Führung. 51 Prozent der Sachsen fordern einen Rücktritt Milbradts - selbst 34 Prozent der CDU-Wähler verlangen dies. Bei der SPD sind es 62 Prozent, bei der Linken 69.

Die Linken können aus der momentanen Politiklage keinen Profit schlagen. Koch: „Ihnen fehlt. eine mediale Leitfigur, wie Peter Porsch es war. Außerdem läuft die SPD der Linken gerade den politischen Rang ab, sich um die Probleme der kleinen Leute zu kümmern." Vor allem durch die Bundespolitik in puncto Mindestlohn und Renten hat die Sachsen-SPDdie Linke abhängen können.

Interessant: Werden die Sachsen gefragt, ob die SPD die Koalition platzen lassen soll, wenn Milbradt nicht zurücktritt, dann wollen dies nur 22 Prozent der Befragten. 57 Prozent fordern dann eine Fortführung der Koalition. Koch: „Die SPD wird als Gegenstück zur CDU gesehen, welches dann
unbedingt in der Koalition bleiben müsse, da es gebraucht wird." Von den SPD-Wählern sind übrigens sogar 78 Prozent für einen Verbleib in der Regierung.
Von Jens Jungmann