Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, Seite 5, 11.04.2008

Jurk spielt Ball an die CDU zurück

SPD-Chef bekennt sich zur Koalition – und attackiert Milbradt in der SachsenLB-Affäre
 
Dresden. Die Privatgeschäfte von Regierungschef Georg Milbradt (CDU) mit der SachsenLB sowie das Ultimatum der CDU an den Bündnispartner SPD belasten weiter die sächsische Koalition. Nachdem SPD-Landeschef Thomas Jurk am Mittwoch zwar das Ultimatum von CDU-Fraktionschef Fritz Hähle zurückgewiesen, sich aber mit sonstigen Bewertungen zurückgehalten hat, ging er gestern in die Offensive. Der Vorstoß der Union sei ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver, ein Zeichen der Schwäche. „Die SPD hat kein Koalitionsproblem, sondern die CDU hat ein Aufklärungsproblem“.

Das war unmittelbar auf Milbradt gemünzt. Dieser wäre gut beraten, wenn er sich zu seinen Privatgeschäften erklären würde, so Jurk. Und dann kam das, was der SPD-Chef bisher weitgehend vermieden hatte: eine Bewertung des 172 000-Euro-Kredits der Familie Milbradt bei der SachsenLB. Dies sei ein klarer Fall von Interessenkollision, da Milbradt als damaliger Finanzminister auch Chef der Aufsichtsgremien der Bank gewesen sei. „Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim“, meinte Jurk. „Ich hätte das Geschäft nicht gemacht.“

Damit ist die Lesart der SPD klar. Hatten die Sozialdemokraten noch vor Stunden mit dem Gedanken gespielt, die Koalition wegen des Ultimatums platzen zu lassen, so spielen sie jetzt den Ball an die CDU zurück. „Wir stehen zu unserer Verantwortung“, sagte Jurk. Hähle hatte die SPD am Mittwoch nach einer Krisensitzung der CDU-Fraktion aufgefordert, bis kommenden Dienstag zu erklären, ob sie mitregieren oder „weiter opponieren“ wolle.

Grund waren die Attacken von SPD-Mann Karl Nolle in der Landesbank-Affäre gegen Milbradt. Gleichzeitig stellten sich Jurk sowie SPD-Fraktionschef Martin Dulig hinter Nolle. In der Bevölkerung gäbe es ein erhebliches Aufklärungsinteresse, sagte Jurk, die SPD werde sich nicht von der CDU Vorgaben machen lassen. Und Dulig meinte, Nolle habe im U-Ausschuss das Recht, weiter Fragen zu stellen – auch kritische.

Dennoch bewegen sich die Koalitionspartner wieder ein wenig aufeinander zu – auch auf Druck aus den jeweiligen Bundeszentralen in Berlin. So hatten sich die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der SPD-Bundesvorsitzende Kurt Beck persönlich eingeschaltet. Durchhalten heißt die Parole, auch weil die einzige Alternative zu Schwarz-Rot in Sachsen ein Minderheitskabinett unter Milbradt wäre, das nicht nur auf FDP-Stimmen, sondern auch auf die ehemaliger NPD-Abgeordneter angewiesen wäre. Hier befürchtet offensichtlich vor allem die CDU erheblichen Flurschaden bundesweit.

Vollends ausgestanden ist die akute Koalitionskrise im Freistaat damit aber noch nicht. So meinte Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer, Jurks Beitrag sei nicht die Lösung des Problems. Es gehe nicht um verbale Bekenntnisse, sondern um das Ende der Angriffe von einigen Sozialdemokraten auf die CDU-Spitze. Davon aber ist nach derzeitiger Lage kaum auszugehen. Nolle dürfte sich wohl nicht bremsen lassen, Milbradt in der SachsenLB-Affäre weiter zu attackieren – zumindest so lange nicht, wie dieser noch im Amt ist.
Von JÜRGEN KOCHINKE