Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 09.05.2008

Anfrage sorgt für Aufregung im Rathaus

SPD-Landtagsabgeordneter Karl Nolle: Dubiose Vorgänge in Limbach-Oberfrohna
 
Die Firma GLS hat sich im Gewerbegebiet Süd in Pleißa niedergelassen und erwarb dafür Flächen von Stadt und Treuhandliegenschaftsgesellschaft. Erst waren auch private Flächen für die Ansiedlung im Gespräch.

Limbach-Oberfrohna. "Dubiose Grundstücksverkäufe im Rathaus von Limbach-Oberfrohna" - so hat der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle seine Anfragen überschrieben, die er an den Sächsischen Landtag gestellt hat. Dabei geht es um den Verkauf eines Grundstückes an die Speditionsfirma GLS Logistics Systems Germany. 15 Fragen, die vermuten lassen, dass CDU-Oberbürgermeister Hans-Christian Rickauer versuchte, seiner Referentin und damaligen Antikorruptionsbeauftragten einen Vorteil zu verschaffen.

Alles nur Wahlkampf oder dubiose Geschäfte?

Dass die Vorwürfe ausgerechnet einen Monat vor der Bürgermeisterwahl in Limbach-Oberfrohna laut werden, findet Rickauer befremdlich. Aus Nolles Umfeld in Dresden war am Donnerstag zu erfahren, dass die brisanten Informationen nicht von der Limbacher Opposition, sondern sogar aus Rickauers eigener Partei stammen.

Eine Speditionsfirma sucht ein Grundstück

Zurück ins Jahr 2005: Die Speditionsfirma GLS suchte ein Grundstück. Die Referentin von Rickauer hatte ein solches - und bot es der GLS zum Verkauf an. Laut Nolle gab Rickauer 2005 die Anweisung, seiner Referentin Adresse und Ansprechpartner des Unternehmens zu nennen. Im Gespräch war auch eine kommunale Fläche im Gewerbegebiet Pleißa-Süd. Der Preis: Fast 43 Euro pro Quadratmeter. Rickauer, so Nolle, habe festgelegt, dass die Stadt nicht von dem vom Stadtrat beschlossenen Preis abrückt. Und das, "obwohl amtsinterne Nachkalkulationen einen deutlich niedrigeren Preis ergeben hatten."

Später sei das Grundstück tatsächlich an die GLS zu diesem nachkalkulierten - also geringeren - Preis verkauft worden. Der Verkauf des Grundstückes der Rathausmitarbeiterin hingegen kam nicht zustande. Aus Nolles Anfrage kann man schlussfolgern, dass der Präsident des Regierungspräsidiums (RP) Rickauer wegen der GLS-Ansiedlung "bestellt" und die Sache "ergebnisorientiert geklärt" habe. Möglicherweise platzte der Verkauf aus Privathand aber aus einem ganz anderen Grund: Anlieger hatten von der Sache Wind bekommen und gegen die Ansiedlung protestiert.

Der Limbacher Stadtrat beschloss dann am 6. März 2006, eine knapp 11.000 Quadratmeter große Fläche im Gewerbegebiet Pleißa-Süd für 446.000 Euro (etwa 41 Euro pro Quadratmeter) an die GLS zu verkaufen. Zudem erwarb der Paketdienst eine angrenzende 13.000-Quadratmeter-Fläche von der Treuhandliegenschaftsgesellschaft. Mit dem Segen des Stadtrates habe es laut Rickauer einen Euro pro Quadratmeter als "Ansiedlungsförderung" gegeben. Aber keine Nachkalkulation. "Die hat es nicht gegeben", so der OB.

SPD-Stadtratsfraktionschef Frank Löbel wittert dennoch Schlimmes: "Wenn Rickauer Insiderwissen genutzt hat und das ausgerechnet mit der damaligen Korruptionsbeauftragten, ist das schon fett."

Regierungspräsidium bestätigt Sachverhalt nicht

Das Regierungspräsidium entkräftete am Donnerstag ebenfalls Nolles Vorwürfe. RP-Sprecher Olaf Weiß: "Der Sachverhalt kann so nicht bestätigt werden." Jedoch wollte er keine Details nennen und verwies auf die noch ausstehende Antwort auf die Anfragen von Nolle.

Für Rickauer ist ohnehin klar: "Da werden Dinge behauptet, die nicht stimmen. An dem Ganzen ist nichts dran." Seine Version: Die Referentin habe nicht von ihm von der geplanten GLS-Ansiedlung erfahren. Jedem anderen Interessenten wäre es ebenso möglich gewesen, an die Informationen heran zu kommen. "Wenn es potenzielle Investoren gibt, gehört es zum Selbstverständnis unserer Wirtschaftsförderung, dass unabhängig von den Eigentumsverhältnissen Flächen angeboten werden", sagte Rickauer. "Wenn die städtischen Flächen nicht ausreichen oder der Investor spezielle Vorstellungen, so zum Preis, hat, stellen wir auch Kontakte zu den Anbietern her." Dies sei ebenso kürzlich bei einem Textilbetrieb erfolgt. "Ich oder die Verwaltung haben aber zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, private Grundstücke anzubieten oder zu verkaufen", versicherte Rickauer.

Ein Pleißaer (Name der Redaktion bekannt) will 2005 beobachtet haben, wie der OB und seine Referentin deren Grundstück an der Straße Zum Lindenhof gemeinsam mit zwei Herren besichtigt hatten. "Ja, wir haben mit Herrn Zülch (Planer der von GLS beauftragten Firma - Red.) das Grundstück besichtigt. Meine Referentin war als Eigentümerin dabei. Sonst hätten wir das Grundstück ja nicht betreten dürfen", so Rickauer. Und: Die Stadt sei auch mit zwei anderen privaten Grundstückseigentümern wegen der GLS-Ansiedlung im Gespräch und vor Ort gewesen. Auch dass seine Referentin einen Vorbescheid vom Bauordnungsamt zum Errichtung des Paketverteilerzentrums in Pleißa erhalten habe, bestätigte er: "Das war ein ganz normaler Vorgang." - Die Referentin, die am Donnerstagnachmittag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, ist mittlerweile keine Antikorruptionsbeauftragte mehr. Rickauer winkt ab: Dies habe nichts mit der GLS-Sache zu tun.
Von Heike Hubricht und Gudrun Müller