Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 24.04.2008

Jeder Zweite hält Tillich für eine gute Wahl

Nach einer SZ-Umfrage hat der künftige Regierungschef einen hohen Bekanntheitsgrad. Nur Thomas de Maizière liegt deutlich vor ihm.
 
So schnell kann der Bekanntheitsgrad eines Politikers steigen: Als die SZ im Dezember 2006 nach den bekanntesten Politikern der Landesregierung fragte, kannten lediglich 40 Prozent der Sachsen den damaligen Umweltminister Stanislaw Tillich. Das hat sich in den vergangenen Tagen schlagartig geändert. Nach der jüngsten repräsentativen Umfrage, die die Saxophon GmbH im Auftrag der Sächsischen Zeitung durchführte, kennen immerhin 75 Prozent der Sachsen den künftigen Ministerpräsidenten des Freistaates.

Der rasante Aufstieg ist leicht erklärbar: Nachdem Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) in der vergangenen Woche seinen Rücktritt angekündigt und Stanislaw Tillich als Nachfolger vorgeschlagen hat, war der künftige Regierungschef in fast allen Medien ein großes Thema. Zudem hat er zahlreiche Interviews gegeben.

Mit 49,2 Prozent hält immerhin jeder Zweite Tillich für eine gute Wahl als Kandidat für das höchste Regierungsamt in Sachsen. Fast genau so viele trauen sich eine Einschätzung zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht zu.

Klare Mehrheit gegen Neuwahl des Landtags

Schlechte Nachrichten für die Opposition: Die Forderung von Linkspartei, FDP und NPD nach Neuwahlen im Freistaat stößt in der Bevölkerung auf klare Ablehnung. Nur 32,9 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, dass es wegen des Rücktritts von Milbradt vorgezogene Neuwahlen geben sollte. 67,1 Prozent lehnen dies dagegen ab. Der Wahl des neuen Ministerpräsidenten am 28. Mai im Landtag steht nichts im Weg, nachdem die SPD als Koalitionspartner der CDU klare Zustimmung für Tillich signalisiert hat. Die nächste reguläre Landtagswahl in Sachsen ist im Herbst des kommenden Jahres vorgesehen.

Regierungschef Milbradt erhält gute Noten

Wegen der Krise der Landesbank Sachsen und seiner privaten Geldgeschäfte mit dem Finanzinstitut ist Ministerpräsident Georg Milbradt in den vergangenen Wochen und Monaten heftig kritisiert worden. Sein Image als kompetenter Fachpolitiker hat dabei nach Einschätzung vieler Beobachter erheblich gelitten. Doch unterm Strich beurteilt eine klare Mehrheit der Sachsen die sechsjährige Amtszeit des Ministerpräsidenten positiv. 52 Prozent sind der Meinung, dass Milbradt ein „eher guter“ Ministerpräsident war. Weitere neun Prozent geben ihm sogar die Note „sehr gut“. Nur 25 Prozent sind der Auffassung, dass er ein schlechter oder ganz schlechter Regierungschef gewesen ist.

Bei der Beurteilung Milbradts gibt es deutliche Unterschiede nach Alter und Geschlecht: Mehr Frauen als Männer halten ihn für einen guten Regierungschef. Und in der Altersgruppe ab 60 Jahren ist die Zustimmung zu seiner Politik mit knapp 70 Prozent besonders hoch.



Thomas de Maizière hat hohen Bekanntheitsgrad

Außer dem derzeitigen Finanzminister Stanislaw Tillich gab es noch zwei andere CDU-Politiker, die als Nachfolger für Georg Milbradt im Gespräch waren: Bundeskanzleramtsminister Thomas de Maizière und Sachsens Kultusminister Steffen Flath. Den höchsten Bekanntheitsgrad unter den Sachsen weist dabei Thomas de Maizière auf. Der frühere Innenminister im Freistaat war im November 2005 als Bundeskanzleramtsminister nach Berlin gewechselt. 88 Prozent der Befragten kennen ihn. Damit liegt der Kanzleramtschef, der in Dresden wohnt und Spitzenkandidat der Sachsen-Union bei der nächsten Bundestagswahl werden soll, deutlich vor Tillich.

Der sehr hohe Bekanntheitsgrad des gebürtigen Bonners ist sicher zu einem Teil auf die Verwandtschaft mit dem letzten DDR-Ministerpräsidenten zurückzuführen: Der Kanzleramtschef ist der Cousin von Lothar de Maizière, der 1990 von der Volkskammer zum Regierungschef gewählt wurde.

Für die meisten Sachsen ist allerdings auch Kultusminister Flath kein Unbekannter: Mit 66 Prozent liegt er nach de Maizière und Tillich beim Bekanntheitsgrad in der SZ-Umfrage an dritter Stelle. Flath soll künftig CDU-Fraktionschef im Landtag werden.

SPD-Chef Thomas Jurk ist jedem Zweiten bekannt

Deutlich hinter dem CDU-Spitzenpersonal liegt beim Bekanntheitsgrad der SPD-Landesvorsitzende und Vize-Ministerpräsident Thomas Jurk. 54 Prozent der Befragten können mit seinem Namen etwas anfangen. Im Vergleich dazu schneidet der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle mit 46 Prozent erstaunlich gut ab. Der auch in der SPD nicht Unumstrittene hatte sich in den vergangenen Monaten im Untersuchungsausschuss zur Landesbank und in der Öffentlichkeit mit scharfen Angriffen auf Regierungschef Milbradt hervorgetan.

Nur 30 Prozent kennen den Chef der Linksfraktion

Ein großes Problem in der öffentlichen Wahrnehmung hat der Vorsitzende der größten Oppositionspartei im Landtag: Nur 30 Prozent kennen den Chef der Linksfraktion, Andre Hahn. Mit diesem Ergebnis liegt er deutlich hinter seinem Vorgänger Peter Porsch, der im Juli vergangenen Jahres sein Amt abgegeben hatte. Sogar der SPD-Abgeordnete Nolle kommt mit 46 Prozent auf bessere Werte als Hahn.
Von Dieter Schütz