Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 16.05.2008

CDU-Landtagsabgeordneter hat Ärger mit der Justiz

Strafanzeige gegen Thomas Hermsdorfer wegen Unterschlagung - Staatsanwalt ermittelt wegen Steuerhinterziehung
 
Chemnitz. Der Chemnitzer CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Hermsdorfer hat Ärger mit der Justiz: Ehemalige Geschäftspartner des 40-Jährigen erheben schwere Vorwürfe gegen ihn. Die Staatsanwaltschaft bestätigte gestern den Eingang einer Strafanzeige. „Es geht um den Verdacht der Untreue bzw. Unterschlagung", sagte ein Behördensprecher. Allerdings sei noch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, „da Herr Hermsdorfer als Landtagsabgeordneter Immunität genießt". Zudem sitzt Hermsdorfer die Steuerfahndung im Nacken. Er selbst bestreitet alle Vorwürfe. „An den Dingen ist überhaupt nichts dran', so Hermsdorfer gestern.

Strafanzeige: Nur ein Streit unter alten Geschäftspartnern?

Bei der Strafanzeige gegen ihn geht es um eine Tätigkeit, die Hermsdorfer neben seinem Mandat als Landtagsabgeordneter ausübte. Gemeinsam mit Physik-Professor Reinhard Bruch von der Uni Reno (US-Bundesstaat Nevada) hatte er ein Unternehmen gegründet, die APW Consult Hauptgesellschafter war Bruch, Hermsdorfer fungierte als Geschäftsführer. Bruch wollte mit der Firma offenbar seine Forschungsergebnisse in Deutschland vermarkten, die APW Consult sollte ihm dafür quasi als Türöffner dienen, sagt Bruchs Vertrauter Joachim Schadhauser.

Hermsdorfer pendelte schon damals zwischen Deutschland und Amerika, gilt in Sachsen als Mann mit guten Kontakten zu Hochtechnologie-Unternehmen diesseits und jenseits des Atlantiks. Doch die Zusammenarbeit ging ziemlich schnell in die Brüche: Im Juli 2007 wurde Hermsdorfer als Geschäftsführer abberufen. Grund waren die Vorwürfe, die nun zur Strafanzeige führten: „Es fehlte Geld auf den Firmenkonten – Geld, dass zweckentfremdet wurde", so Schadhauser. Nach seinen Worten sei es dabei um eine fünfstellige Summe gegangen: „Wir haben den Verdacht, dass Herr Hermsdorfer das Geld verwendet hat, um private Verbindlichkeiten zu decken."

Der CDU-Abgeordnete bestreitet die Vorwürfe. „Das Unternehmen, das ich mit Professor Bruch gegründet habe, hat seine gesetzten Ziele nicht erreicht, deshalb wird es aufgelöst", sagte er. Alles andere sei eine Auseinandersetzung unter ehemaligen Geschäftspartnern. „Es ist nur ein Vorwurf, der im Raum steht", so Hermsdorfer und fügt hinzu: „In der Buchführung des Unternehmens ist nachweisbar, wofür das Geld verwendet wurde – nämlich für Firmenzwecke.°

Entlastend für Hermsdorfer ist übrigens eine Aussage der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Dort war die Strafanzeige gegen den Landtagsabgeordneten schon einmal geprüft worden – ohne Ergebnis. „Der Anzeige waren keine nachprüfbaren Tatsachen zu entnehmen", so eine Sprecherin der Stuttgarter Ermittlungsbehörde.

Nicht der einzige Ärger für Hermsdorfer

Der Landtagsabgeordnete hat aber nicht nur Stress mit ehemaligen Geschäftspartnern, ihm sitzt auch noch die Steuerfahndung im Nacken. Bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung. Angeblich soll Hermsdorfer Provisionszahlungen, die er vor sechs Jahren erhalten hat, nicht versteuert haben. Auch an der Sache sei nichts dran, sagt der CDU-Mann. „Es gab keine Provisionszahlungen, nur ein privates Darlehen, dass ich von einem befreundeten Unternehmer erhalten habe", so Hermsdorfer. Der Unternehmer bestätigt das auf Nachfrage der „Freien Presse". Dennoch rückte die Steuerfahndung bei dem Abgeordneten an, durchsuchte seine Büroräume und sein Wohnhaus. Warum, kann sich Hermsdorfer nicht erklären. Sein Anwalt zur „Freien Presse': „Geldeinnahmen aus Darlehen sind keine steuerbaren Einnahmen." Dennoch bleibt die Frage: Wieso ist ein Landtagsabgeordneter mit einer monatlichen Grunddiät von 4284 Euro auf ein Darlehen von einem Unternehmer angewiesen? Hermsdorfer dazu: „Das war eine private Notlage, die mich dazu gezwungen hat."

Hermsdorfer: Umtriebig und leicht für Neues zu begeistern

Politisch gilt Hermsdorfer als ,umtriebig und leicht für neue Themen zu begeistern, ohne allerdings die alten abgearbeitet zu haben. Als Vorsitzender des Arbeitskreises Hochschule, Kultur und Medien der CDU-Landtagsfraktion bemühte er sich zuletzt um Profil. Konkrete Ergebnisse seiner zahlreichen Reisen nach Kalifornien zu vermitteln, fiel ihm allerdings nicht immer leicht. Hermsdorfer sitzt seit 1994 im Landtag, zuletzt gewann er 2004 seinen Wahlkreis, verlor aber ein Jahr später die Abstimmung um den Einzug in den Bundestag.

Die Ermittlungen gegen Hermsdorfer hat die Staatsanwaltschaft pflichtgemäß der Landtagsverwaltung gemeldet. Ein Antrag auf Aufhebung seiner Immunität werde erst für den Fall einer Anklageerhebung erforderlich sein. Pikanterweise ist Hermsdorfer selbst Mitglied im Immunitätsausschuss.
von Sven Uhlig und Hubert Kemper