Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 21.05.2008

Tillich: Sympathisch und kein Sturkopf

60 Prozent finden es an der Zeit, dass ein Sachse Regierungschef wird
 
Leipzig. Wie bekannt ist der 49-jährige Sorbe Stanislaw Tillich im Freistaat, und was halten die Sachsen von ihm? Das wollte diese Zeitung jetzt genauer wissen. Schließlich wird der Finanzminister am kommenden Sonnabend aller Wahrscheinlichkeit nach zum neuen CDU-Landeschef gewählt und löst damit Georg Milbradt ab. Der nächste Posten, auf dem er diesem nachfolgt, ist der des Ministerpräsidenten. Dieser Stabwechsel erfolgt am 28. Mai.

Allgemein bewerten die sächsischen Wähler den künftigen Ministerpräsidenten Tillich zurückhaltend, aber freundlich. Obwohl er schon lange im politischen Geschäft ist, zunächst als Europaabgeordneter, dann als sächsischer Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, als Chef der Staatskanzlei, als Landwirtschafts- und schließlich als Finanzminister, gilt er bei knapp der Hälfte der Befragten als eher unbekannt und schwer zu beurteilen. Dies sagen noch mehr Jüngere als Ältere.

Das ergab eine Umfrage dieser Zeitung, für die das Leipziger Institut für Marktforschung vom 9. bis 14. Mai 1003 repräsentativ ausgewählte Erwachsene aus ganz Sachsen interviewte.

Fast jeder Zweite findet den „Stani“, wie ihn Parteifreunde nennen, sympathisch. Darunter sind jeweils mehr als die Hälfte der Unions- und SPD-Wähler, aber auch über ein Drittel der Anhänger von FDP, Grünen und Linken sowie 30 Prozent der NPD-Sympathisanten. Von den über 50-Jährigen erhält der Finanzminister generell bessere Noten als von den Jüngeren. So findet ihn von den Älteren mehr als jeder Zweite sympathisch, von der jüngeren Generation nur gut jeder Dritte.

Am meisten begrüßen die Sachsen, dass nun nach den beiden Westdeutschen Kurt Biedenkopf und Georg Milbradt ein Sachse Regierungschef des Freistaates wird. 60 Prozent der Befragten sind voll und ganz dieser Meinung. Nur für acht Prozent spielt die Herkunft überhaupt keine Rolle. 22 Prozent liegen mit ihren Ansichten dazwischen. Weitere zehn Prozent wollten sich dazu nicht äußern.

Unter denen, die sich über einen Sachsen an der Spitze der Landesregierung freuen, sind zwei Drittel der Wähler von SPD, CDU und Linken und die Mehrheit der FDP-Anhänger. Weniger wichtig ist das für die Wähler der Grünen und der NPD.

Nur knapp vier von zehn Befragten setzen fest darauf, dass Tillich frischen Wind in die sächsische Politik bringt. Die meisten halten sich zurück mit ihren Erwartungen. Lediglich ein Drittel traut ihm genügend Kraft und Schwung zu, um die CDU zu stärken. Überdurchschnittlich groß ist die Hoffnung auf beides erwartungsgemäß bei den Unionsanhängern.

Zurückhaltung spricht auch daraus, dass nur jeder Dritte der Überzeugung ist, der smarte Sorbe werde eine gute Politik für Sachsen machen und verdiene das volle Vertrauen. Lediglich 27 Prozent gehen derzeit davon aus, dass Tillich das Land wirklich besser regieren wird als Milbradt. Von den 18- bis 29-Jährigen rechnen nur 18 Prozent damit, von den über 50-Jährigen sind es immerhin 36 Prozent.

Quer durch alle Altersgruppen und Parteianhänger wird der zweifache Familienvater aus der Lausitz als ein intelligenter, kluger Politiker geschätzt. Die meisten halten ihn aber nicht für besonders durchsetzungsstark und kampfeswillig. Eher sehen sie Tillich als einen Politiker, der nach Kompromissen sucht und nicht mit dem Kopf durch die Wand will. Ein Sturkopf sei er nicht, sagt ein Drittel voller Überzeugung. Weitere 29 Prozent stimmen dem weitgehend zu.
von Anita Kecke