Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 23.04.2001

Biedenkopf: Ein Fall für den Staatsanwalt

Es geht um das schöne Leben im Gästehaus
 
DRESDEN. Der Koch, der Gärtner und die Putzfrau. Kurt Biedenkopfs schönes Leben im Gästehaus an der Schevenstraße ist jetzt ein Fall für den Staatsanwalt. Star-Anwalt Michael Sturm erstattete am Freitag Strafanzeige wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe dazu. In dieser Woche müssen die Staatsanwälte Biedenkopfs Steuererklärung anfordern, um den Anfangsverdacht zu klären.

Nach Anzeige – SPD-Nolle: Biko soll in den Ruhestand

DRESDEN – Freitagmorgen, 08:35 Uhr, zuckelte ein brisantes Schreiben aus dem Faxgerät des Leitenden Oberstaatsanwaltes Henning Drecoll: Auf sechs Seiten stellt Rechtsanwalt Michael Sturm Strafanzeige gegen den Herrn Ministerpräsidenten Prof. Dr. Kurt Biedenkopf.

„Nachfolgenden Sachverhalt unterbreite ich mit der Bitte um Überprüfung eines Anfangsverdachtes, insbesondere der Steuerhinterziehung, der Beihilfe hierzu und aller weiteren in Betracht kommenden Delikte“, heißt es auf dem Deckblatt.
Strafverteidiger Michael Sturm – kürzlich erfolgreich im Mordfall Israel („Mord ohne Leiche“) und derzeit aktiv im Leipziger Rockerprozess – hat alle Aussagen der Staatsregierungen zu Biedenkopfs Luxuswohnung unter die Lupe genommen. Sturm: „Das ist ein Blumenstrauß voller Ungereimtheiten. Der Sachverhalt muss im Interesse der Demokratie geklärt werden.“

Laut Staatskanzleichef Georg Brüggen musste Biedenkopf bereits für seinen Lebenswandel der Schevenstraße bis 1997 etwa 64.000 Mark nachversteuern. Sturm: „Das ist in etwa der Differenzbetrag zwischen der bis 1997 geltenden Wohnungspauschale und der danach geltenden Miete. Der geldwerte Vorteil ist aber weit höher.“

Der beträgt, so rechnete Sturm aus, 3.842,97 Mark pro Monat. Sollte sich sein Verdacht bestätigen, müsste Biedenkopf für jedes Jahr – konservativ gerechnet – um die 20.000 Mark nachzahlen. Die Strafanzeige erstreckt sich in einem zweiten Teil auch auf den Zeitraum nach 1997.

Ungemach erwartet den Ministerpräsidenten auch aus einer anderen Richtung. Landtagsabgeordneter Karl Nolle (SPD) rechte am Donnerstag ebenfalls eine Klageschrift gegen Biedenkopf ein – beim Verfassungsgerichtshof in Leipzig.

Auch hier geht es um die Dienstwagen- und Putzfrauenaffäre und die Kleinen Anfragen im Landtag dazu. Die wurden nur ungenügend oder gar nicht beantwortet. Wegen solcher Anfragen erhielt die Staatsregierung schon einmal einen herben Rüffel von den Verfassungshütern. Nolle: „Biedenkopf soll so schnell als möglich den wohlverdienten Ruhestand antreten. Es ist genug Schaden für Sachsen und Demokratie entstanden.“