Karl Nolle, MdL
spiegel-online, 06.06.2008
ALARMIERENDE UMFRAGE: SPD und Union haben 8,6 Millionen Wähler seit 2005 verloren
Die SPD verlor seit 2005 ca. 6,2 Millionen Wähler
Den Volksparteien laufen die Wähler davon. Seit der Bundestagswahl 2005 haben SPD und Union laut einer Erhebung des ARD-"Deutschlandtrends" weit mehr als acht Millionen Wähler verloren. Von der Schwäche der großen Parteien profitieren die kleinen - vor allem die Linke.
Köln - Die SPD steht mies da, die Union verliert auch: Die Volksparteien in Deutschland bekommen immer schlechtere Umfragewerte. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, würden nur 24 Prozent die SPD wählen, ergab der ARD-"Deutschlandtrend". Die SPD verlor drei Punkte gegenüber dem Vormonat, aber auch die Union musste Federn lassen: Sie fiel von 37 auf 34 Prozent. Vom Popularitätsschwund der Volksparteien profitierten alle im Bundestag vertretenen Oppositionsparteien. Mit Beck persönlich sind inzwischen weniger Bürger zufrieden als mit Linken-Chef Oskar Lafontaine.
Bei der Sonntagsfrage kamen die Linke auf 14 Prozent (plus zwei), die FDP auf 13 Prozent (plus drei) und die Grünen auf 12 Prozent (plus zwei). Zusammen erreichten Union und SPD nur 58 Prozent, der niedrigste Wert, der je im ARD-"Deutschlandtrend" gemessen wurde. 72 Prozent sind mit der Arbeit der Großen Koalition weniger oder gar nicht zufrieden. Dennoch plädieren 65 Prozent dafür, dass die Koalition bis zur Bundestagswahl im Herbst 2009 fortgeführt wird. Nur knapp ein Drittel ist für Neuwahlen.
Seit den vergangenen Bundestagswahlen sind den Volksparteien SPD und Union insgesamt 8,6 Millionen Wähler verloren gegangen. CDU und CSU kamen demnach 2,4 Millionen Wähler seit 2005 abhanden. Weitaus düsterer sieht es bei der SPD aus: Die Sozialdemokraten verloren sogar 6,2 Millionen Wähler.
Lafontaine beliebter als Beck
Es gibt aber auch Positives - am zufriedensten sind die Bürger der Umfrage zufolge mit Bundespräsident Horst Köhler: 86 Prozent billigen seine Arbeit. Auf Platz zwei und drei folgen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit 73 Prozent (plus sieben) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit 71 Prozent (plus drei). Das Schlusslicht der Rangliste bildet Beck mit 21 Prozent Zufriedenheit (minus zwei). Lafontaine kommt auf 22 Prozent (plus zwei).
Von den SPD-Anhängern wünschen sich 44 Prozent, dass Steinmeier als Kanzlerkandidat der SPD ins Rennen geht. 18 Prozent wünschen sich Bundesfinanzminister Peer Steinbrück als Spitzenkandidaten und 11 Prozent den Berliner Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD). Nur 10 Prozent sind für Beck.
Würde in Deutschland der Regierungschef direkt gewählt, dann würden sieben von zehn für Merkel und nur einer von zehn für Beck stimmen. Gegenüber Steinmeier wäre der Vorsprung der Kanzlerin geringer: Der Außenminister komme auf 30 Prozent, die CDU-Vorsitzende auf 56 Prozent.
Für die Sonntagsfrage sprach Infratest dimap vom 2. bis 4. Juni mit insgesamt 1500 repräsentativ ausgesuchten Wahlberechtigten. Die Fehlermarge lag bei 1,4 bis 3,1 Prozentpunkten. Die Fragen zur politischen Stimmung wurden 1000 Wahlberechtigten gestellt.
ffr/AFP/AP/ddp