Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 24.04.2001
Hubschrauberflüge für Ingrid Biedenkopf privat?
SPD-Nolle: Auch Justizminister Kolbe zahlte keine Miete
DRESDEN. Jetzt gerät auch Justizminister Manfred Kolbe (CDU) in den Strudel der Affäre Biedenkopf. Er bezog im September ein Zimmer im Gästehaus der Staatsregierung. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle warf ihm gestern vor, bis Ende März noch keine Miete gezahlt zu haben. Kolbe habe „unmittelbar nach Erhalt der Rechnung gezahlt“, versicherte Sprecher Wolfram Jena.
Der Wirbel um den aufwändigen Lebensstil von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) und seiner Frau im Gästehaus der Staatsregierung dreht sich immer wilder. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle schießt sich zunehmend auf Gattin Ingrid ein. Die PDS-Faktion droht mit einer Untersuchung zum „System Biedenkopf".
Die von der Morgenpost bekannt gemachte Strafanzeige wegen Steuerhinterziehung hat gestern die Köpfe der Juristen rauchen lassen. Es geht um den Mietvertrag der Biedenkopfs: 1850 Mark für 155 Quadratmeter einschließlich Bedienung durch Koch, Putzfrau, Gärtner und Co. (Morgenpost berichtete).
Zunächst hieß es bei der Staatsanwaltschaft, es gebe keine neuen Fakten, die Anlass für ein Ermittlungsverfahren sein könnten. Am Abend ruderte Behördensprecher Claus Bogner zurück. Es sei noch keine abschließende Entscheidung getroffen worden, teilte er der Morgenpost mit.
Rechtsanwalt Michael Sturm, der die Anzeige erstattete, bekräftigte in einer Pressekonferenz: jeder Arbeitnehmer muss solche Sachzuwendungen versteuern, und zwar nach Maßgabe des Marktwerts. Und der liegt nach meiner Überzeugung definitiv höher."
Das findet auch Bernd Schulze-Borges aus dem Präsidium des Bundes der Steuerzahler. „Da ist sehr wohl Fleisch an der Anzeige." Als Staatsanwalt würde er das Verfahren eröffnen, sagte er der Morgenpost.
SPD-Mann Nolle legte gestern neue Fragen nach. Damit warf er Frau Ingrid Biedenkopf vor, sie habe sich mit dem Polizeihubschrauber zu Krankenbesuchen fliegen lassen. Außerdem will er wissen, weshalb sich der Freistaat für den Ministerpräsidenten im Gegensatz zu anderen Ländern einen zweiten gepanzerten Dienstwagen leistet: „Für Ingrids Privatnutzung?" Für die Regierung sicherte Sprecher Hartmut Häckel fristgerechte Beantwortung zu.
Nolle stellte auch Justizminister Manfred Kolbe (CDU) an den Pranger, der seit Amtsantritt im September ebenfalls im Gästehaus wohnt. Der habe bis Karfreitag noch keinen Pfennig Miete gezahlt, warf ihm der SPD-Mann vor. Sprecher Wolfram Jena versicherte, Kolbe habe „unmittelbar nach Erhalt der Rechnung gezahlt". Wann das war, ließ er offen.
PDS-Fraktions-Chef Peter Porsch erklärte gestern, das „Hofstaatsklima rund um Biedenkopf" müsse endlich aufgelöst werden. Der Haushaltsausschuss des Landtags solle die „Gästehaus-Affäre" rückhaltlos aufklären. Wenn dort nicht alle Karten auf den Tisch kämen, sei ein weiterer Untersuchungsausschuss angesagt.
(Stefan Rössel)