Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 14:32 Uhr, 27.07.2008

Landtagsabgeordnete wollen zu US-Finanzmärkten reisen

 
Dresden (dpa/sn) - Der 20-köpfige Haushalts- und Finanzausschuss des sächsischen Landtags berät in seiner nächsten Sitzung über eine umstrittene Dienstreise in US-Finanzmetropolen. Ausschusschef Ronald Weckesser (Die Linke) bestätigte einen entsprechenden Bericht der «Dresdner Morgenpost». Er wies aber zurück, dass es bereits eine konkrete Planung der Reise gebe. «Wir werden über die Ausschussreise in der nächsten Sitzung abstimmen», sagte Weckesser.

Der Ausschusschef konnte sich zunächst nicht an den Eingang einer E-Mail des CDU-Landtagsabgeordneten Peter Wilhelm Patt erinnern, der die Reise vorschlug. Demnach sollen sich die Abgeordneten bei einem sechs- bis zehntägigen Ausflug vor Ort über die Aktivitäten der Sachsenbank-Muttergesellschaft LBBW informieren.

Die Rundreise nach New York, Chicago und Denver würde rund 100 000 Euro kosten, sagte der Linke-Landtagsabgeordnete Heiko Hilker der Zeitung. In New York hat die LBBW eine Filiale, in Chicago werden Fonds der früheren sächsischen Landesbank (Sachsen LB) verwaltet. Mit Denver - auch «Wall Street of the West» genannt - am Fuße der Rocky Mountains solle ein Finanzzentrum im Westen der USA besucht werden.

Ausschusschef Weckesser wollte sich nicht dazu äußern, ob er die Reise ablehnt oder befürwortet. «Ich war noch nie dort, würde aber gerne mal hinfahren. Ich glaube nicht, dass das vor der nächsten Landtagswahl stattfindet.» Am Sonntag teilte Weckesser mit, eine Reise in die USA sei und bleibe seine Privatangelegenheit.

Hilker und der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle kritisierten in der Zeitung den Nutzen der Reise. «Wo soll der Erkenntnisgewinn liegen, wenn wir die LBBW in New York besuchen, die uns gar nicht gehört?», fragte Hilker. «Zum Glück hat die LBBW, zu der die Sachsenbank gehört, keine Filiale auf dem Mond», sagte Nolle. Solch eine Reise wäre vor dem Zusammenbruch der Sachsen Landesbank sinnvoll gewesen, nicht danach.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Heinz Eggert, der Mitglied im Haushalts- und Finanzausschuss ist, betonte, dass der Vorschlag im Finanzausschuss weder eingebracht noch diskutiert worden ist. «Wenn die Herren Hilker und Nolle so fahrlässig das "Sommerloch der Empörung" bedienen, nur um im Gespräch zu bleiben, darf man sich über grassierende Politikverdrossenheit nicht wundern. Es ist einfach verantwortungslos.» Eggert lehnte eine Reise in die USA ab. «Wir sollten uns vielmehr mit Finanzmärkten in Polen und Tschechien befassen, weil sie die sächsische Wirtschaft direkt betreffen.»

Die frühere Sachsen LB war im Zuge der Hypothekenkrise auf dem US- Markt ins Trudeln geraten und stand vor der Pleite. Nur ein eiliger Verkauf an die LBBW rettete das Bankhaus. Der Freistaat Sachsen bürgt mit 2,75 Milliarden Euro für etwaige Ausfälle. Seit April 2008 ist die Sachsen-Bank eine unselbstständige Anstalt innerhalb der LBBW.

dpa dö yysn z2 bn
271432 Jul 08