Karl Nolle, MdL
DNN, 09.08.2008
"Der Anfang ist belastet mit der Hypothek des Postenpokers."
Von Woche zu Woche, ein Kommentar von Bernd Hempelmann
Wenn einem etwas ein bisschen unangenehm ist, dann will man es gerne schnell hinter sich bringen. So geschehen am Donnerstag in der Ratssitzung, in der auch Amtsverweserin (und Bald-Oberbürgermeisterin) Helma Orosz vereidigt wurde. In aller Eile wählten die drei Fraktionen von CDU, FDP und Linksfraktion.PDS so, wie sie sich vorher schon verständigt hatten, sechs von sieben Bürgermeistern.
Neu sind von denen eigentlich nur drei. Ob das nun, wie im OB-Wahlkampf versprochen, in jedem Fall die Besten aus der Schar der Bewerber sind – Zweifel sind angebracht. Und es gab auch öffentlich keine Gelegenheit, es zu erfahren. Noch nicht einmal eine Kurzvorstellung der Kandidaten in der Ratssitzung wurde noch erlaubt. Motto: Bloß schnell die Stimmabgabe durchziehen!
Sicher ist: Es gab für die zu besetzenden Positionen eine Reihe hochkarätiger Bewerber, die aber teils im Vorfeld, teils in letzter Sekunde zurückzogen, als klar wurde, dass ein Auswahlverfahren nach Qualität nicht mehr stattfinden würde. Da hatte die CDU in Allianz mit FDP und Linksfraktion.PDS das Personalpaket längst zum gegenseitigen Nutzen geschnürt.
Bald-OB Orosz war anscheinend geschickt genug, sich aus den Kungeleien um die Posten im Vorfeld herauszuhalten – so kann sie sich beim Amtsantritt davon wenigstens unbelastet fühlen. Andererseits verzichtete sie auf die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen auf die Zusammensetzung ihrer neuen Mannschaft.
Eine „Koalition der Vernunft“ jedenfalls, wie sich das Bündnis zur Bestätigung bereits bestimmter Bürgermeister in euphemistischer Überhöhung zu nennen pflegte, ist nicht entstanden. Stattdessen eine Reihe von Gaben und Gegengaben, von Abhängigkeiten, eine düpierte Opposition – das ist in einem Stadtrat, in dem die Mehrheiten durchaus nicht eindeutig verteilt sind, kein Akt der Vernunft, sondern ein Pakt für Verdruss.
Dazu kommt noch als Stachel im Fleisch, dass bei der Wahl des Sozialbürgermeisters der NPD-Kandidat immerhin fünf Stimmen erhielt – eine mehr, als das Nationale Bündnis Räte stellt. Das gab es vor Jahren schon zweimal, bei Wahlen zu Ausschüssen. Ein neuerlicher Makel. Und auch nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme zu wissen, dass ein Querschläger von solch politischer Dummheit ein Dresdner Ratsmandat besetzt.
Die frisch gewählten Orosz-Männer indes werden nun erstmal zeigen müssen, ob sie für den Job geeignet sind. Der Anfang ist belastet mit der Hypothek des Postenpokers. Ihre Arbeit wird mit wacher Skepsis verfolgt werden. Es gibt angenehmere Umstände, unter denen man ein neues Amt antritt.
Ein schönes Wochenende
Ihr Bernd Hempelmann
b.hempelmann@dnn.de
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Guten Tag, Herr Hempelmann,
Danke für Ihren heutigen Kommentar zur Dezernentenwahl.
Schade, daß eine solch kritische Position in der Berichterstattung zur OB Wahl kaum zu spüren war, obwohl die Hintergründe jedem wachen Beobachter in Dresden nicht verborgen waren.
Welterbe, WOBA-Verkauf mit strengem Geruch nach politischer Korruption und nun die bezahlte Koalition der offenen Hände, das sind Sternstunden der Machtverkommenheit christdemokratischer Heuchler in Stadt und Land, gut beraten und gestützt durch eine ehemalige, ideologisch gefestigte Parteisekretärin für Agitation und Propaganda bei der Dresdner Kreisleitung der SED, heute Spezialistin für verdienstvolles Verscherbeln von Wohungen.
Wenn wir heute Politikverdrossenheit zu Recht beklagen, dann ist es dieser schwarze Filz von Machtbesessenheit und politischer Korruption, der viele Wähler abstößt und ihnen 18 Jahre nach der Wende zunehmend die Sinnlosigkeit demokratischer Teilnahme vor Augen führt.
Jeder kann sehen, was hinter der angeblich bürgerlichen Fassade dieser Pharisäher stattfindet, der Weg von der Gemeinnützigkeit zum gemeinen Eigennutz ...
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Karl Nolle, MdL
www.karl-nolle.de