Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 16:35 Uhr, 12.08.2008

Razzia bei ehemaligen Vorständen der Sachsen LB

Nolle: Politische Verantwortung nicht vergessen
 
Leipzig (ddp-lsc). Polizei und Staatsanwaltschaft haben am Dienstag Büros und Wohnungen von fünf ehemaligen Vorständen der krisengeschüttelten Sachsen LB durchsucht. Dabei wurde umfangreiches Beweismaterial wie Computer, Datenträger und Geschäftsakten sichergestellt, wie die Staatsanwaltschaft Leipzig mitteilte. Insgesamt wurden 28 Wohnungen und Geschäftsräume, darunter auch das Gebäude der ehemaligen Landesbank in Leipzig, durchsucht.

Daneben waren Büros und Wohnungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Berlin und Irland im Visier der Ermittler. In die Ermittlungen ist auch das Bundeskriminalamt (BKA) eingeschaltet. Laut Staatsanwaltschaft richten sich die Ermittlungen jedoch nicht gegen den ehemaligen Vorstandschef der Bank, Michael Weiss. Weiss hatte die Finanzgeschäfte über die Dubliner Tochter Sachsen LB Europe eingefädelt.

Den ehemaligen Bank-Vorständen wird vorgeworfen, über diese Tochter waghalsige Geschäfte getätigt zu haben, die die Bank an den Rand des Ruins gebracht haben. «Es besteht der Verdacht, dass die ehemaligen Vorstände die Existenz der Bank aufs Spiel setzten», begründete die Staatsanwaltschaft die Razzien. Das eingesetzte fremde Kapital habe zum eingegangenen Risiko «außer Verhältnis» gestanden. Da sie zudem die Risiken in den Jahresabschlüssen nicht transparent gemacht hätten, «verhinderten sie ein rechtzeitiges Eingreifen des Verwaltungsrats». Den ehemaligen Top-Managern wird Untreue und unrichtige Darstellung in den Jahresabschlüssen zur Last gelegt.

Die Sachsen LB Europe hatte laut Staatsanwaltschaft in den Jahren 2006 und 2007 Finanzgeschäfte im Volumen von mehr als 23 Milliarden Euro getätigt. Die Muttergesellschaft Sachsen LB war durch diese Geschäfte und den Zusammenbruch des US-Immobilienmarktes im Sommer vergangenen Jahres in die Krise geraten und konnte nur durch einen Notverkauf an die Landesbank Baden-Württemberg gerettet werden. Seit 1. April firmiert sie als unselbstständige Tochter unter dem Namen Sachsen Bank. Mit der Aufklärung der Sachsen-LB-Krise befasst sich auch ein Untersuchungsausschuss des Landtags. Für die Risiken aus den geplatzten Finanzgeschäften hat der Freistaat eine Bürgschaft in Höhe von 2,75 Milliarden Euro übernommen.

SPD-Finanzexperte Karl Nolle begrüßte die Durchsuchungen der Ermittler. Allerdings seien sie zu spät erfolgt. Er wehrte sich gegen die Darstellung, die Aufsichtsgremien seien von den Vorständen nur unzureichend über die Geschäfte unformiert gewesen. Die Kontrolleure hätten informiert sein können, wenn sie gewollt hätten, sagte Nolle. Er kritisierte zudem, dass dem Untersuchungsausschuss noch immer nicht alle angeforderten Akten zur Verfügung gestellt worden seien. «Wir haben immer noch keinen Einblick in den E-Mail-Verkehr zwischen Sachsen LB und Staatskanzlei», sagte Nolle.

(Quelle: Nolle auf ddp-Anfrage; Staatsanwaltschaft in Mitteilung und auf Anfrage)

Von Matthias Hasberg

ddp/lmh/pon
121635 Aug 08