Karl Nolle, MdL

Chemnitzer Morgenpost, 23.08.2008

Justiz verschlampte Ermittlungen gegen OB

Bestechung? Der Staatsanwalt: Strafverfolgung ist 'dummerweise nicht passiert'
 
CHEMNITZ/ZSCHOPAU - Jetzt ist es hochoffiziell: Falls Zschopaus OB Klaus Baumann (CDU) sich bestechen ließ, wird er wohl nie dafür bestraft werden. Ermittlungen gegen ihn wegen der verbotenen Annahme eines Schecks wurden von der Staatsanwaltschaft verschlampt.

Im Vorfeld seiner Wahl zum Oberbürgermeister 2001 hatte OB Baumann von einer Chemnitzer Baufirma einen an ihn als Privatperson adressierten Scheck über 8500 Mark angenommen. Laut Schreiben der Firma handelte es sich angeblich um ein "Darlehen". In einem hochoffiziellen Schreiben als OB dankte Baumann jedoch für die "Unterstützung anlässlich meiner Wiederwahl" und versprach, "dass wir auch in Zukunft sehr eng miteinander zusammenarbeiten werden."

Zwei Jahre später ermittelte die Rechtsaufsicht des Marienberger Landrats Albrecht Kohlsdorf (CDU) gegen Baumann, übergab der Staatsanwaltschaft Chemnitz schließlich die Unterlagen des Vorermittlungsverfahrens. Die Morgenpost fragte mehrfach bei der Staatsanwaltschaft nach, zu welchen Ergebnissen deren Ermittlungen in der Scheck-Affäre geführt hätten. Doch ganze zwei Monate zierte sich die Justiz, diese Frage zu beantworten.

Jetzt räumten die Ermittler ein: In der Scheck-Affäre war nie ermittelt worden. Oberstaatsanwalt Bernd Vogel (50): "Da hat man sich mit Hinweis auf andere Verfahren darauf verlassen, dass dieser Aspekt dort mitgeprüft wird und schon irgendetwas dabei herauskommen wird. Das ist dummerweise nicht passiert." In dutzenden Verfahren habe die Justiz damals gegen den Zschopauer OB ermittelt.
Ein Fall von Arbeitsüberlastung? Laut Auskunft der Generalstaatsanwaltschaft Dresden hatte jeder der rund 60 Chemnitzer Staatsanwälte im Jahr 2003 noch durchschnittlich 800 Verfahren zu bearbeiten. Vergangenes Jahr waren es jedoch nur rund 720.

Oberstaatsanwalt Vogel: "Falls hinter der Gewährung dieses Darlehens Korruption oder eine andere Straftat gesteckt haben sollte, ist sie jetzt verjährt."
Von Norbert Fleischer