Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 30.08.2008

Rechtssicherheit - Verfassungsgericht stärkt mit Urteil Stellung des Parlaments

Kommentar von Hubert Kemper
 
Der Sieg hat auch die Kläger überrascht. Klaus Bartl und seine Mitstreiter als Blockadebrecher gegen die Staatsregierung waren auf andere Signale aus dem Verfassungsgericht programmiert. Nun dürfen sie die Akten einsehen, die bisher dem Untersuchungsausschuss verweigert worden sind. Das ist Balsam für verunsicherte Oppositionsseelen und Bestätigung für das Funktionieren des Rechtsstaates.

Die Teilschlappe der Regierung geht noch auf das Konto von Ex-Ministerpräsident Georg Milbradt. Die parlamentarische Aufbereitung des Skandals hielt er für Klamauk, die Formulierungen des Untersuchungsauftrages für unzulässige vorweg genommene Feststellungen und Wertungen. Die Einsetzung des Ausschusses gelang erst nach juristischen Gezerre und Riesenärger mit Koalitionspartner SPD. Milbradts Sturheit ist zumindest die Rechtsklarheit zu verdanken, die nun Justizminister Mackenroth als Erfolg feiert.

Zu diesen Erkenntnissen zählt die Auffassung der Verfassungsrichter über geschützte Kernbereiche exekutiver Eigenverantwortung. Die Kontrollkompetenz des Parlamentes ist nicht all umfassend, sagen die Richter. So muss Ausschusschef Bartl nach Meinung des Justizministeriums auf die publitityträchtige Vernehmung von Innenminister Albrecht Buttolo und seinem Vorgänger Thomas de Maiziere verzichten. Andere Zeugen dürften aber mehr zu sagen haben. Simone H. zum Beispiel. Doch dann müsste die Ex-Referatsleiterin, die das damalige Führungschaos im Landesamt für Verfassungsschutz zum Ausbau ihrer Gerüchtesammlung nutzen konnte, ihr Schweigen brechen.

Wettlauf mit der Zeit.

r5.600 Seiten umfassen die Akten, die Sachsen vor mehr als einem fahr in Aufregung und durch mediale Vervielfältigung bundesweit an den Pranger stellten. Viel Zeit ging verloren, um möglichen politischen Verantwortlichkeiten auf die Spur zu kommen. Doch in diesem Vakuum verzog sich der Pulverdampf, den Skandalanheizer entfacht hatten. Zur heutigen Sachlichkeit trugen diverse Untersuchungen und staatsanwaltschaftliche Recherchen bei.

Mit dem Abschluss der Ermittlungen war schon im April die Luft aus der Affärenblase entwichen. Einwände gegen eine Weitergabe der Akten hatte die Staatsanwaltschaft nicht. Nun hat für den Ausschuss der Wettlauf mit der Zeit begonnen. Neue Erkenntnisse dürfte er nicht gewinnen– bestenfalls Respekt für seriöse Arbeit.