Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 18:34 Uhr, 02.09.2008

Zeugenvernehmungen ohne Öffentlichkeit? - «Sachsen-Sumpf»-Ausschuss streitet um Verfahrensfragen

Schurig für 30. September vorgeladen
 
Dresden (ddp-lsc). Wenige Tage nach der gerichtlich festgestellten Rechtmäßigkeit des Landtagsuntersuchungsausschusses zur Aktenaffäre streiten Regierungslager und Opposition um Verfahrensfragen. Linke-Obfrau Caren Lay warnte vor einer Beweisaufnahme mit Zeugen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nach Angaben des Innenministeriums wird die Herausgabe der Akten an die Parlamentarier «derzeit vorbereitet». Auf ein genaues Datum legte sich Ministeriumssprecher Lothar Hofner dabei nicht fest. In vier Wochen und damit 14 Monate nach seiner Konstituierung will der Ausschuss mit dem Landesdatenschutzbeauftragten Andreas Schurig seinen ersten Zeugen anhören.

Das sächsische Verfassungsgericht hatte am Freitag vergangener Woche die Staatsregierung dafür gerügt, dem Ausschuss bisher pauschal die Herausgabe von Akten verweigert zu haben. Deshalb hatte das im Juli 2007 vom Landtag eingesetzte Gremium bisher noch keine Zeugen vernehmen können. Im Mai 2007 war die auch als «Sachsen-Sumpf» bezeichnete Affäre durch Bekanntwerden einer Datensammlung des Verfassungsschutzes zu angeblichen kriminellen Netzwerken ausgelöst worden. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft alle Verfahren gegen die beschuldigten Juristen eingestellt.

CDU-Ausschussobmann Christian Piwarz nannte es «wichtig», dass die Staatsregierung zugesagt habe, «die fraglichen Akten in den nächsten Tagen zu übersenden». Datenschützer Schurig solle dem Ausschuss im Zeugenstand einen ersten Überblick zum Akteninhalt geben. «Dabei interessiert uns auch seine persönliche Einschätzung, wie belastbar die darin enthaltenen Informationen sind», fügte Piwarz hinzu.

Linke-Obfrau Lay begrüßte diese erste, für den 30. September angekündigte Zeugenvernehmung. Allerdings werde es die Linke «nicht hinnehmen, dass komplette Zeugenvernehmungen zur Geheimveranstaltung werden». Lay kritisierte, dass Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) in einem Schreiben an den Ausschuss erklärt habe, dass Fraktionsmitarbeiter ohne Sicherheitsüberprüfung der höchsten Stufe 3 (Ü 3) keine Berechtigung zur Lektüre geheimer Akten hätten.

Folge des «Ü3»-Stempels wäre, Zeugen nicht in öffentlicher Sitzung zu den Akten befragen zu können. Um dies zu verhindern, müsse notfalls erneut das Verfassungsgericht angerufen werden, drohte Lay. Sie zitierte zugleich aus dem Gerichtsurteil, wonach die Regierung sei «gehalten« sei, »durch die Gestaltung des Verfahrens der Aktenvorlage den berechtigten Informationsinteressen möglichst umfassend nachzukommen».

Buttolos Sprecher Hofner zufolge wird das öffentliche Interesse dadurch gewahrt, dass zumindest die Ausschussmitglieder die betreffenden Unterlagen einsehen könnten. Er nannte es einen «ganz normalen Vorgang», dass Akten des Verfassungsschutzes der Geheimhaltung unterlägen.

Lay sprach hingegen von einem neuen Versuch, dem Ausschuss «neue Steine in den Weg zu legen». Grünen-Obmann Johannes Lichdi kritisierte, Buttolo verharre «weiter in seiner Blockadehaltung». Neben Lay befürwortete auch Lichdi einen höheren Sitzungsrhythmus. Der Ausschuss müsse sich noch mindestens 15 Mal zu treffen, um die Arbeit bis Mai beenden zu können. Der Arbeitsplan soll am 11. September festgesetzt werden.

(Quellen: Hofner auf Anfrage; alle anderen in Mitteilungen)

Von Tino Moritz

ddp/tmo/muc
021834 Sep 08