Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 09.09.2008

SLB-Desaster: Alles gesehen, nichts gewusst

Referatsleiter Thode vor dem U-Ausschuss
 
DRESDEN - Neue Runde im Sachsen-LB-Untersuchungsausschuss: Bernd Thode (53, Foto), zuständiger Referatsleiter im Finanzministerium, sagte gestern vor dem Landtagsgremium aus. Und bestätigte den Verdacht, dass die Regierung umfassend informiert war.

Die Ursachen für den Crash der SLB im vorigen Herbst und die Verantwortung der Staatsregierung, vor allem von Ex-MP Georg Milbradt und Ex-Finanzminister Horst Metz (beide CDU), beschäftigten erneut den U-Ausschuss. Gestern sagte endlich - mehrfach geladen, immer wieder vorschoben - Bernd Thode aus, eine der Schlüsselfiguren des Desasters. Seit 1997 als Referatsleiter im Amt, war Thode maßgeblich in der Abteilung 4 des Finanzministeriums für die Bank zuständig. Spätestens seit 2001 saß der Jurist regelmäßig als Gast in den Gremien der Bank: „Um schneller informiert zu sein“, so Thode. Damit widersprach er Aussagen anderer Regierungsmitglieder, die stets behaupteten, nicht umfassend informiert gewesen zu sein.

Thode wies jede Schuld zurück: „Die politische Verantwortung kann mir nicht überbürdet werden.“ Die KPMG (Wirtschaftsprüfer), die Beratergesellschaft PWC, die Bundesbank und die BaFin (Bundesanstalt für Finanzwesen) hätten „keine Anhaltspunkte“ gefunden, auch „keine Hinweise“, dass irgendetwas schieflief. Wie hätte dies dann die Politik gekonnt, wenn man doch „nur“ die Rechtsaufsicht gehabt habe? „Wir haben doch nur die Rechtmäßigkeit der Geschäfte geprüft, nicht die fachlichen Aspekte.“

Auf die Frage, ob er Minister Metz über das 100-prozentige Risiko des Fonds „Ormond Quay“ informiert habe, schwieg sich Thode aus. Nach 20-minütigem Telefonat und einer Unterbrechung antwortete er nur, er habe den „Eindruck gehabt“, dass Metz es gewusst habe.

Für SPD-Obmann Karl Nolle war die Aussage entlarvend: „Das Wissen um die Vorgänge der Bank war eindeutig in der Staatsregierung vorhanden. Das ist genau der Punkt, der bislang abgestritten wurde. Herr Thode saß gerade deshalb in den Gremien, damit er dieses Wissen weitertragen konnte. Das Leugnen und angebliche Nichtwissen von Georg Milbradt ist damit hinfällig.“

Bernd Thode ist inzwischen bei der „Sachsen Asset Management“ in Leipzig für das Finanzministerium tätig: In dieser Gesellschaft sind die hochriskanten Fonds geparkt, welche die SLB in Schieflage brachten und die 2,75 Milliarden Euro Bürgschaft des Freistaates auslösen könnten. Nolle: „Da wurde der Bock zum Gärtner gemacht.“
Von Jens Jungmann