Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa/sn, 17:26 Uhr, 12.09.2008

Landgericht verurteilt Ex-Staatssekretär Vehse zu Geldstrafe

 
Dresden (dpa/sn) - Sachsens früherer Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Vehse ist am Freitag vom Landgericht Dresden wegen falscher uneidlicher Aussage zu einer Geldstrafe von 27 000 Euro verurteilt worden. Die Kammer rechnete eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung in eine Geldstrafe zu 150 Tagessätzen je 180 Euro um. Vom Vorwurf der Beihilfe zur Untreue sprachen ihn die Richter aber frei. Vehse (62) stand wegen des Fördermittelskandals um die Qualifizierungsgesellschaft QMF vor Gericht. Die Verurteilung bezieht sich jedoch auf falsche Angaben Vehses vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss im November 2003. Dennoch löste das Urteil auch eine Diskussion über den Umgang mit Fördermitteln aus.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung sowie eine Geldauflage gefordert, die Verteidigung plädierte auf Freispruch. Mit dem nun ergangenen Strafmaß würde Vehse als vorbestraft gelten. Der Jurist, der als Staatssekretär 2002 in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde, wollte das Urteil am Freitag noch nicht kommentieren. Er werde sich erst nach Eingang der schriftlichen Urteilsbegründung äußern. Unklar blieb zudem, ob er in Berufung geht. Nach den Worten von Richter Hans Schlüter-Staats hat Vehse in einer Situation die Unwahrheit gesagt - es sei aber nicht um den Kern der damaligen Untersuchung gegangen.

QMF sollte Personal des Zentrums Mikroelektronik Dresden (ZMD) und der Sachsenring Automobiltechnik AG (SAG) weiterbilden. SAG hatte zum am 1. Januar 1999 das vormals staatseigene ZMD übernommen. Von 420 Beschäftigten kamen 140 in die QMF, allerdings sollen sie auch weiter in der Produktion tätig gewesen sein. Das ist nach den Regeln des Europäischen Sozialfonds (ESF) unzulässig. Von 1999 bis 2003 flossen rund 21 Millionen Euro in das Projekt, 65 Prozent aus dem ESF, der Rest vom Freistaat. Vehse hatte eine falsche Verwendung der Gelder nicht bestritten, die Verantwortung dafür aber bei QMF selbst gesehen.

Im Untersuchungsausschuss des Landtages ging es um die Frage, ob eine Werbekampagne zum Nutzen der CDU im Jahr der Landtagswahl 1999 indirekt über Steuergelder finanziert wurde. Die SAG hatte für die Übernahme von ZMD Zuschüsse des Landes bekommen, die von 25 Millionen Mark plötzlich um vier Millionen Mark erhöht wurden. SAG-Vorstände stellten das als eine Art Spendendeal dar. Im Gegenzug hätten sie für die Kampagne dann drei Millionen Mark gezahlt. Die Vorwürfe konnten nicht aufgeklärt werden. Vehse gab im Ausschuss an, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Einverständnis des Finanzministeriums über die Erhöhung der Zuschüsse vorlag. Dafür fand das Gericht aber keine Anhaltspunkte.

«Die Verurteilung ist ein Warnschuss an alle, die es mit der rechtmäßigen Verwendung von öffentlichen und Fördermitteln nicht ernst genug nehmen. Hier macht Sachsen - leider auch das Wirtschaftsministerium - immer wieder Negativschlagzeilen», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Landtag, Karl-Heinz Gerstenberg. Zugleich stärke das Urteil die Bedeutung von Aussagen vor Untersuchungsausschüssen und damit die Rolle des Landtags als Kontrollinstanz der Regierung.

Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) wies die Äußerungen Gerstenbergs zurück. «Die Mitarbeiter meines Hauses bedürfen keines Warnschusses, um sorgfältig und verantwortungsbewusst mit den ihnen anvertrauten Steuergeldern umzugehen», erklärte Jurk. «Es ist unerträglich, wenn ein Gerichtsurteil gegen einen einzelnen ehemaligen Mitarbeiter zum Anlass genommen wird, die gute und anerkannte Arbeit des Wirtschaftsministeriums ins schlechte Licht zu rücken.»

Ursprünglich war Vehse gemeinsam mit dem früheren Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium, Hans Neufischer, wegen Untreue angeklagt. Die Verfahren wurden später getrennt. Der Prozess gegen Neufischer läuft noch. In der Urteilsbegründung zu Vehse hatte das Gericht festgestellt, dass die Förderung im Fall von QMF «objektiv rechtswidrig» war.

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