Karl Nolle, MdL
Agenturen, ddp-lsc, 18:50 Uhr, 12.09.2008
Mehrheit für Antrag von Rechtsextremen - Dresdner Stadtrat votiert für Gedenkminute zum 11. September
Weckesser drohen Konsequenzen
Dresden (ddp-lsc). Der Umgang mit Anträgen rechtsextremer Gruppierungen auf kommunaler Ebene führt in Sachsen möglicherweise zum Fraktionsausschluss eines prominenten Linke-Landtagsabgeordneten. Weil Ronald Weckesser als Dresdner Stadtrat einem vom «Nationalen Bündnis» (NB) eingebrachten Antrag auf das Abhalten einer Gedenkminute zum 11. September zugestimmt haben soll, drohte Landtagsfraktionschef André Hahn ihm am Freitag Konsequenzen an. CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer nannte die Zustimmung der Stadtratsmehrheit unterdessen «einen Fehler».
Am Donnerstagabend war der NB-Antrag auf das Abhalten der Schweigeminute im Stadtrat erfolgreich gewesen. Dafür hatten unter anderen auch Stadträte der CDU gesorgt. Kretschmer verwies darauf, dass Ja-Stimmen zu dem Antrag nach seiner Kenntnis «aus nahezu allen Parteien» kamen. Die Grünen-Stadtratsfraktion hatte den Ratssaal indes aus Protest über die Zustimmung kurzzeitig verlassen.
Weckesser selbst hat dem Antrag offenbar zugestimmt. Für eine Stellungnahme war der 59-Jährige, der sowohl im Stadtrat als auch im sächsischen Landtag sitzt, am Freitag für ddp nicht erreichbar. Weckesser gehört im Stadtrat zu den Linke-Mitgliedern, die einer vom Landesverband nicht unterstützten Fraktion angehören. Weil diese zuletzt nicht den von der anderen Linke-Fraktion vorgeschlagenen Kulturbürgermeister-Kandidaten unterstützt hatten, sollen sie gemäß Landesvorstandsbeschluss künftig nicht mehr als Landtagskandidaten aufgestellt werden.
Falls es zutreffend sein sollte, «dass auch ein Mitglied der Landtagsfraktion im Dresdner Stadtrat einem Antrag des von der NPD gesteuerten Nationalen Bündnisses zugestimmt hat, dann wäre die Grenze des Erträglichen definitiv überschritten», erklärte Landtagsfraktionschef Hahn. Er wies zugleich darauf hin, dass es in der Linken eine »klare Position« gebe: »Mit der NPD und von ihr getragenen Fraktionen gibt es keinerlei Formen einer irgendwie gearteten politischen Zusammenarbeit, also auch keine Zustimmung zu Anträgen«. Es bestehe nun dringender Klärungsbedarf. Eine Zustimmung »würde die Fraktion unter Zugzwang setzen, die notwendigen Entscheidungen zu treffen«.
CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer verwies darauf, dass die Rechtsextremen mit dem von einem NB-Vertreter überraschend vorgebrachten Antrag eine «Überrumpelungstaktik» angewandt und darauf gehofft hätten, dass viele Stadträte nicht gegen das Gedenken an die Terroranschläge vom 11. September votierten wollten.
Zugleich warf er Grünen-Landtagsfraktionschefin Antje Hermenau vor, die Auseinandersetzung parteipolitisch zu instrumentalisieren. Hermenau hatte der Union Wortbruch vorgeworfen und darauf verwiesen, dass Kretschmer erst vor wenigen Wochen zugesagt habe, dass CDU-Vertreter keinen Anträgen von Rechtsextremisten zustimmen würden. Damit versuche Hermenau nur, «Stimmung zu machen», kritisierte Kretschmer. Wäre ihr wirklich an der Lösung des Problems gelegen, hätte sie zum Telefonhörer greifen und das parteiübergreifende Abstimmungsverhalten auswerten können.
(Weitere Quellen: Hahn und Hermenau in Mitteilungen; Kretschmer auf Anfrage)
ddp/tmo/uge
121850 Sep 08