Karl Nolle, MdL
Agenturen dpa, 17:26 Uhr, 15.09.2008
SPD: Finanzaufsicht warnte vor Missständen bei Landesbank Sachsen
Dresden (dpa/sn) - Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) soll mehrmals und deutlich auf Missstände bei der Landesbank Sachsen hingewiesen haben. Die BaFin- Referatsleiterin Sabine Bergsen schickte nach SPD-Angaben von 1998 bis 2006 insgesamt 16 entsprechende Schreiben an den Vorstand und den Chef des Verwaltungsrates der Sachsen LB - den jeweiligen sächsischen Finanzminister. Der SPD-Obmann im parlamentarischen Banken- Untersuchungsausschuss, Karl Nolle, sagte am Montag nach einer Sitzung des Gremiums, es habe zum Beispiel Beschwerden über mangelnde Transparenz und Geschäftsberichte der Bank gegeben. «Auch die Ausweitung der außerbilanziellen Engagements war Thema dieser Briefe.»
Bergsen stand dem Untersuchungsausschuss in nichtöffentlicher Sitzung Rede und Antwort. Danach erschien BaFin-Präsident Jochen Sanio vor dem Gremium. Für konkrete Details fehlte ihm jedoch eine Aussagegenehmigung des Bundesfinanzministeriums. Deshalb konnte er nur allgemein zur Kontrolle des Bankenwesens Stellung nehmen. «Ich war bis August 2007 in die operative Aufsicht über die Sachsen LB nicht eingeschaltet», sagte Sanio. Er hatte danach die Gespräche zur Rettung der Bank geführt. Die Landesbank stand nach riskanten Geschäften ihrer Dubliner Tochter auf dem US-Hypothekenmarkt im Sommer 2007 vor dem Aus und konnte nur per Notverkauf an die Landesbank Baden-Württemberg gerettet werden.
Nach der Sitzung des Ausschusses zogen die Parteien völlig gegensätzliche Schlüsse aus den Antworten der Zeugen. Linke, FDP, Grüne und SPD sahen die Darstellung der sächsischen Regierung widerlegt, wonach allein die BaFin eine Aufsicht ausgeübt habe. Die Versuche der Regierung, die Schuld für das Scheitern der Landesbank auf die BaFin abzuwälzen, seien gescheitert, sagte FDP-Obmann Andreas Schmalfuß: «Die Zeugin Sabine Bergsen hat detailliert nachgewiesen, dass das sächsische Finanzministerium über gravierende Verstöße der ehemaligen Landesbank gegen bankenrechtliche Vorschriften, insbesondere die mangelnde Risikokontrolle, frühzeitig und umfassend durch die BaFin informiert wurde.» Statt einzuschreiten habe man aber überforderte Bankenvorstände jahrelang gewähren lassen.
Ähnlich äußerten sich Linke und Grüne. Nur die CDU bewertete das anders. Sanio habe klar gestellt, «dass die Kontrolle der Risikosteuerung der Sachsen LB in erster Linie bei der BaFin lag und nicht beim sächsischen Finanzministerium», befand CDU-Obmann Günther Schneider. Die Linken forderten Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) auf, Sanio eine umfassende Aussagegenehmigung zu erteilen. Das sei notwendig, um die sächsische Bankenkrise aufzuklären. Laut Nolle müssten nach der Befragung von Bergsen und Sanio auch Sachsens früherer Regierungschef Georg Milbradt und Ex-Finanzminister Horst Metz (beide CDU) nochmals vor dem Ausschuss erscheinen. Es sei aber fraglich, ob es dafür bis Ende der Legislatur noch Zeit gebe.
Metz war während der Bankenkrise zurückgetreten, auch für Milbradt wurde sie zum Auslöser für einen vorzeitigen Abgang. Das Thema Landesbank ist nach dem Verkauf für Sachsen nicht vom Tisch. Denn das Land bürgt für eventuelle Ausfälle mit bis zu 2,75 Milliarden Euro.
dpa su yysn z2 br
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