Karl Nolle, MdL
sueddeutsche.de, 02.10.2008
Studie über Bankenaufsichtsräte: Sie wissen nicht, was sie tun
Ifo geißelt Banker: Die Kontrolleure öffentlicher Geldinstitute seien nur ungenügend ausgebildet und trügen Mitschuld an der massiven Kapitalvernichtung.
"Wer nichts wird, wird Wirt." Oder Aufsichtsrat. Am besten bei einer öffentlich-rechtlichen Bank. Eine Untersuchung des Ifo-Instituts in München zeigt: Aufsichtsräten öffentlich-rechtlicher Banken mangelt es an Sachverstand. Ihre Kollegen im Privatsektor verfügen über deutlich mehr Finanzmarkt- und Bankerfahrung und schnitten nun bei einer Studie erheblich besser ab.
Für ihre Untersuchung haben die beiden Professoren Harald Hau und Marcel Thum Lebensläufe von 426 Aufsichtsratsmitglieder der 29 größten deutschen Banken ausgewertet.
Am Ende zahlt der Steuerzahler die Zeche
Gerade in den Aufsichtsräten der untersuchten staatlichen Landesbanken und öffentlichen Förderbanken sei die Finanzkompetenz nur schwach ausgeprägt, bilanzieren die beiden Wissenschaftler. Die These ist brisant - waren zuletzt doch vor allem die staatliche KfW-Bank und mehrere Landesbanken nach Milliardenverlusten in den Sog der Finanzkrise und damit massiv in die Kritik geraten. Schließlich zahlt der Steuerzahler für Fehlspekulationen auf dem US-Hypothekenmarkt am Ende die Zeche.
Die Ifo-Wissenschaftler hatten unterschiedliche Kriterien aufgestellt, die unter anderem die Ausbildung, aber auch Erfahrungen auf den Finanzmärkten oder im Management berücksichtigten. Das Ergebnis: "Bei allen 14 Kriterien weisen die Aufsichtsräte der privaten Banken ein deutlich höheres Kompetenzniveau auf als die Aufsichtsratsvertreter bei öffentlichen Banken."
So hätten in privaten Banken mehr als ein Drittel der Kontrolleure Erfahrungen im Finanzmarkt gesammelt, bei den öffentlich rechtlichen Banken seien es weniger als zehn Prozent. Auch an Management-Erfahrung hapert es: "Während ungefähr ein Drittel der Aufsichtsräte in privaten Banken über Erfahrungen im Top-Management verfügt, waren bei den öffentlich-rechtlichen Banken nur 11,4 Prozent im Top-Management."
Für ihre Schlussfolgerung finden die Ökonomen Hau und Thum drastische Worte: "Moderne Finanzmärkte sind komplex und jede Kontrollfunktion von Bankaufsichtsräten wird illusorisch, wenn die Mitglieder keine hinreichende Finanzkompetenz besitzen." Im Klartext heißt das so viel wie: Weil viele nicht wissen, was sie tun, geht es auch nicht gut.
Für die öffentlich-rechtlichen Banken ziehen die Wissenschaftler ein vernichtendes Urteil. Die geringe Finanzkompetenz dieser Kontrolleure erklärt einen Teil der horrenden Verluste im internationalen Finanzgeschäft.
Das wird vermutlich kein Kontrolleur einer staatlichen Landesbank und einer öffentlichen Förderbank hören wollen.
Darauf ein Bier.
(sueddeutsche.de/AP/mel/hgn)