Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 17:22 Uhr, 13.10.2008

Qimonda streicht fast 1.000 Stellen in Dresden

Infineon-Tochter will jährlich 450 Millionen Euro sparen - Stadt und Land bieten Hilfe an
 
Dresden/München (ddp-lsc). Die angeschlagene Infineon-Tochter Qimonda wird deutschlandweit 1.500 Mitarbeiter entlassen. Rund 950 Stellen sollten bis Sommer 2009 in Dresden wegfallen, weitere 500 würden in München eingespart, teilte der Chiphersteller am Montag mit. Zudem verlören 1.500 Menschen in Nordamerika ihre Jobs. Die Entlassungen sind Qimonda zufolge Teil eines weltweiten Sparprogramms. Jährlich will das Unternehmen damit rund 450 Millionen Euro einsparen.

Nach Unternehmensangaben gibt es in Dresden derzeit rund 3000 Qimonda-Mitarbeiter, dazu kommen noch rund 200 Leiharbeiter. Durch die Abbaupläne wird am Standort etwa jede dritte Stelle wegfallen. Mit dem Betriebsrat sollen nun zügig die Gespräche über Interessenausgleich und Sozialplan aufgenommen werden. Ziel sei es, die Jobs bis Ende März 2009 abzubauen, hieß es.

Landeswirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) sprach von einem «harten Schlag» für alle Betroffenen. Allerdings halte er «trotz schmerzhafter Marktanpassungen bei einzelnen Firmen» den Standort der sächsischen Mikroelektronik insgesamt mit rund 1.200 Unternehmen und deren 44.000 Mitarbeitern für nicht bedroht. Zur Suche nach Alternativen gebe es Gespräche mit Unternehmen, IG Metall und Arbeitsagentur. Der Dresdner Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) kündigte an, mit einer Jobbörse «die hochqualifizierten Fachleute, die bei Qimonda beschäftigt sind, am Standort halten» zu wollen.

Qimonda will das Geschäft mit Speicherchips für Computer drastisch reduzieren. Ziel sei eine Neupositionierung im Markt und eine Effizienzsteigerung. «Der tiefgreifende gegenwärtige Abschwung in der DRAM-Industrie und die Konsequenzen für unsere finanzielle Situation haben uns veranlasst, unser Geschäftsmodell neu auszurichten», sagte Qimonda-Vorstandschef Kin Wah Loh.

Im Zuge der Restrukturierung will Qimonda bis Januar 2009 unter anderem die Fertigung in den USA schließen. Der Stellenabbau trifft vor allem Richmond (Virginia), zudem trifft es den Standort Raleigh (North Carolina). Auch Teile der Fertigung für Komponenten und Module in Dresden sollen bis Ende März 2009 eingestellt werden. Insgesamt werde die Kapazität über die kommenden neun Monate um rund 40 Prozent reduziert.

Qimonda hat zudem seine Beteiligung am taiwanischen Chiphersteller Inotera an den US-Wettbewerber Micron verkauft. Der Kaufpreis für die 35,6-prozentige Beteiligung betrage 400 Millionen Dollar (295 Millionen Euro) und werde bar in zwei Raten gezahlt, teilte Infineon in der Nacht zu Montag mit. Inotera ist ein 2003 von dem taiwanischen Technologiekonzern Nanya Technology und Qimonda gegründetes Gemeinschaftsunternehmen zur Herstellung von Speicherchips.

Der Mutterkonzern Infineon bekräftigte am Montag, seine Qimonda-Beteiligung verkaufen zu wollen. So fänden Gespräche «mit verschiedenen Investoren» statt. Ziel der Verhandlungen sei es, die Beteiligung an Qimonda «ganz oder teilweise zu veräußern». Derzeit hält Infineon 77,5 Prozent an Qimonda.

Infineon hatte Qimonda im August 2006 an die Börse gebracht, um sich auf die Produktion von Logikchips für Automobil-, Industrie- sowie Telekommunikationsunternehmen zu konzentrieren. Die Speicherchiptochter hatte zuletzt unter dem anhaltenden Preisverfall in der Branche gelitten und Infineon hohe Verluste beschert.

Bereits länger bekannt ist, dass Infineon die Anzahl seiner Beschäftigten in Dresden von einst 2.300 bis zum Jahresende auf 1.800 abbaut. Qimonda beschäftigt nach eigenen Angaben derzeit in Deutschland rund 4.600 Mitarbeiter. Weltweit arbeiten für den Chiphersteller etwa 13.500 Personen.

(Quellen: Qimonda in Mitteilung und auf Anfrage; Jurk auf Anfrage; Hilbert in Mitteilung)

Von Nadine Schimroszik und Tino Moritz

ddp/tmo/muc
131722 Okt 08