Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 24.10.2008

Bayern verschlucken sich an Milliarden

WestLB folgt / Sachsen bleibt gelassen / IKB fordert Managergehälter zurück
 
Leipzig/München (dpa/AFP/sas). Die Diskussion um das Für und Wider staatlicher Hilfe für Banken hält an. Nach der BayernLB, die gestern grünes Licht für Bundeshilfen in Höhe von 5,4 Milliarden Euro erhielt, stehen mit der HSH Nordbank und der WestLB zwei weitere Landesbanken vor der Inanspruchnahme des Rettungspakets. In Sachsen bleibt die Politik angesichts der Entwicklung gelassen.

Ein Ende der Krise bei der BayernLB, die als erste deutsche Bank auf das 500-Milliarden-Paket des Bundes zurückgreift, ist nicht in Sicht: Gestern stellte der gesamte Vorstand der zweitgrößten deutschen Landesbank nach massiver Kritik aus der Politik dem Verwaltungsrat die Vertrauensfrage und bot Gespräche über seine weitere Arbeit an. Nach Angaben aus CSU-Führungskreisen lief jedoch alles auf eine Ablösung von BayernLB-Chef Michael Kemmer hinaus. Der scheidende Finanzminister Erwin Huber (CSU) wehrte sich zuvor bei einem Schlagabtausch im Landtag gegen Vorwürfe, vor der Landtagswahl Zahlen zu den Milliarden-Belastungen der BayernLB absichtlich vertuscht zu haben. Das Kabinett segnete gestern die finanzielle Absicherung der Landesbank im Umfang von 6,4 Milliarden Euro ab. Der Bund soll dazu 5,4 Milliarden Euro aus dem Rettungspaket für die Finanzbranche tragen. Den Rest sollen das Land und die Sparkassen als Träger beisteuern.

Von den Turbulenzen bei der BayernLB sind die Kunden der Deutschen Kreditbank (DKB) nach Angaben des Instituts nicht betroffen. „Wir sind selbst nicht in den Märkten engagiert, um die es geht“, sagte eine Sprecherin der DKB, einer hundertprozentigen BayernLB-Tochter. Das Geld auf den Konten der DKB sei sicher. Die BayernLB schloss einen Verkauf der DKB aus.

Mit Blick auf das deutsche Rettungspaket forderte Siegfried Jaschinski, Chef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Anreize, damit es für alle Institute attraktiv werde. Derzeit seien Nachteile für jene zu befürchten, die staatliche Hilfe in Anspruch nähmen. Es drohe der Abfluss von Geldern – „und das ist schädlich für mein Institut“, sagte Jaschinski, der auch Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Banken (VÖB) ist. „Das kann ich ändern, indem ich sage: Das Geld ist für die Realwirtschaft, nicht nur für die Banken.“ Für die LBBW bekräftigte Jaschinski jedoch: „Wir haben nicht nötig, dieses Paket zu nehmen.“

Für die WestLB, die Interesse an Hilfen aus dem Rettungspaket der Bundesregierung angedeutet hatte, genehmigte der Düsseldorfer Landtag gestern die ersten 95 Millionen Euro zur Absicherung von Risiken des angeschlagenen Instituts. Das Geld wird in einem Fonds gesammelt, der zahlen soll, wenn die Bürgschaft des Landes für ausgelagerte Papiere der WestLB in Anspruch genommen wird.

In Sachsen beobachtet man die Vorgänge mit gemischten Gefühlen. „Die Bayern haben gerade auch mit Blick auf die Sachsen LB immer gesagt, sie schaffen es aus eigener Kraft“, sagte Grünen-Landtagsabgeordnete Antje Hermenau. Da bleibe jetzt schon ein „Geschmäckle“. Dennoch bedauert sie es nicht, dass die inzwischen verkaufte Sachsen LB nicht mehr in den Genuss der Bundeshilfen kommen kann. „Wenn wir im Spiel geblieben wären, wären vermutlich neue Risiken aufgetaucht“, so Hermenau. Mit der Übernahme einer Landesbürgschaft in Höhe von 2,75 Milliarden Euro bleibe der mögliche Schaden für den Landeshaushalt überschaubar.

Auch das sächsische Finanzministerium sieht in dem Rettungspaket der Banken keine Alternative für die im vorigen Jahr an die LBBW verkaufte Landesbank Sachsen. „Die Lösung, die wir jetzt haben, ist auf Dauer günstiger als eine mit der Hilfe der Bundesregierung“, sagte Ministeriumssprecher Stephan Gößl. Die Gelder, die sich die BayernLB jetzt vom Bund leihe, müssten ab 2012 auch vom Land zurückgezahlt werden.

Karl Nolle, Finanzexperte der sächsischen SPD, bedauert es als Sachse zwar, „dass wir die Suppe alleine auslöffeln mussten“. Sachlich gesehen „haben wir uns diese aber auch selbst eingebrockt“. Und ob die Instrumente des Hilfspakets die Landesbank gerettet hätten, sei fraglich. „Letztendlich war der Tod der Sachsen LB der Geburtshelfer für das heutige Rettungspaket.“

Die krisengeschüttelte Mittelstandsbank IKB fordert indes seit Monaten eine Millionensumme an Managervergütungen zurück – aber nur einer aus dem alten IKB-Vorstand hat bisher Geld gezahlt. Die Rückzahlungsforderungen an sechs Banker reichten von 805 000 Euro beim Ex-Vorstandschef Stefan Ortseifen bis zu 25 000 Euro bei einem seiner ehemaligen Vorstandskollegen. Das hatte das Präsidium des Aufsichtsrates der IKB bereits Mitte Februar 2008 beschlossen.

Bislang habe nur Claus Momburg die Rückzahlungsforderung akzeptiert und einen Teil der 558 000 Euro gezahlt, sagte eine Sprecherin. Der andere Teil des Betrages sei mit der Vergütung verrechnet worden. Momburg ist der einzige aus dem alten IKB-Vorstand noch verbliebene Manager. Außerdem liege im Fall der 25 000 Euro eine Einigung mit demjenigen Ex-Vorstand über alle Ansprüche vor. Der Betroffene habe letztlich kein Geld zahlen müssen.

Bei den Rückzahlungsforderungen geht es um erfolgsabhängige Vergütungen für das Geschäftsjahr 2006/2007. Die IKB fordert insgesamt gut drei Millionen Euro zurück. Nach einer Sonderuntersuchung durch Wirtschaftsprüfer wurde Mitte Februar 2008 der IKB-Geschäftsbericht für 2006/2007 rückwirkend geändert. Unter Berücksichtigung außerbilanzieller Risiken fiel der operative Gewinn nicht einmal halb so hoch aus wie ursprünglich errechnet.