Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 29.10.2008

Verfahren gegen Gerichtspräsidenten beendet

 
Im April hatte die Dresdner Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen in der sogenannten Korruptionsaffäre endgültig eingestellt. Begründung: Die behaupteten kriminellen Netzwerke aus Justiz, Immobilienbranche und Rotlichtmilieu gebe es nicht. Fünf Monate länger benötigte dagegen das Justizministerium, um die disziplinarrechtlichen Untersuchungen gegen die prominenteste Figur des Sachsen-Sumpf-Dramas zu beenden.

Gestern erklärte das Justizministerium, dass Norbert Röger, der Präsident des Amtsgerichts Chemnitz, keine Dienstpflichtverletzungen begangen habe. Ein entsprechendes Verfahren sei bereits Anfang Oktober eingestellt worden.

Das Disziplinarverfahren war eingeleitet worden, nachdem Rögers Name in diversen Medienberichten im Zusammenhang mit angeblichen Besuchen in angeblichen Kinderbordellen in Leipzig genannt worden war.

Ob und was der Ermittlungsführer des Justizministeriums, Michael Wolting, seit Einleitung des Verfahrens im Mai 2007 herausgefunden haben will, bleibt vorerst sein Geheimnis. Zu einer ausdrücklichen Entlastung Rögers wollte sich das Ministerium trotz der eindeutigen Fakten gestern nicht hinreißen lassen. „Einzelheiten sage ich nicht“, lautete die wortkarge Einlassung von Ministeriumssprecher Till Pietzcker.

Keine Entschuldigung

Die Zurückhaltung des Ministeriums könnte damit zusammenhängen, dass Röger wegen der massiven Rufschädigung durch die monatelange Hysterie weiterhin Schadensersatz in Höhe von 250000 Euro verlangt. Jedes öffentliche Eingeständnis, dass die Ermittlungen auf amtlich verbreiteten Gerüchten und zum Teil auf vorsätzlich falschen Anschuldigungen beruhen, würden Rögers Verhandlungsposition stärken.

Nach der Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen im Frühjahr hatte Röger massive Vorwürfe gegen Innen- und Justizministerium erhoben. Die Beschuldigungen gegen ihn basierten auf Lügengeschichten, die seinem Ansehen erheblich geschadet hätten.

Die Verantwortung dafür sieht Röger bei Polizei, Verfassungsschutz, Justiz, einzelnen Politikern und Medien, die Gerüchte ungeprüft weiterverbreitet hätten. „Erst durch die (...) vom damaligen Innenminister Thomas de Maizière weiter befohlene gesetzeswidrige Beobachtung durch den Verfassungsschutz konnte die „Sachsen-Sumpf-Affäre“ entstehen“, kritisiert der Gerichtspräsident und frühere Leipziger Oberstaatsanwalt.

Zum Stand der Verhandlungen über die Schadensersatzforderung wollen sich weder Justiz- noch Innenministerium äußern. Justizminister Geert Mackenroth und Innenminister Albrecht Buttolo (beide CDU) versuchen, die Angelegenheit auszusitzen. Falls es zu keiner Einigung kommt, will Röger das Land vor Gericht verklagen.

Schemenhafte Zeugen

Unterdessen setzt der „Sachsen-Sumpf“-Untersuchungsausschuss des Landtages am Dienstag seine Zeugenvernehmungen fort. Sechs Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz sollen den Abgeordneten Auskunft geben über die umstrittenen Aktivitäten des Geheimdienstes in der Affäre.

Weil das Innenministerium allerhöchste Geheimhaltungsstufe reklamiert, werden die Verfassungsschützer in einem anderen Raum sitzen und für die Abgeordneten nur schemenhaft auf einem Bildschirm zu sehen sein. Die Stimmen werden verzerrt. Die Öffentlichkeit ist während der Zeugenaussagen ausgeschlossen, sagte Ausschussvorsitzender Klaus Bartl gestern.
Von Karin Schlottmann