Karl Nolle, MdL
MORGENPOST, 28.04.2001
Die Uhr tickt unerbittlich
Kommentar von Peter Rzepus
Während Kurt Biedenkopf noch eine Woche urlaubt, wird daheim in der CDU emsig ein Plan für seine Abdankung geschmiedet. Da ist keine Spur von Ränke, nur etwas Ranküne schwingt deutlich mit. Denn es sind nicht seine Gegner, die sich hinter Biedenkopfs Rücken zum Königsmord verschwören. Es sind seine Getreuen, die ihm einen ehrenhaften Abgang verschaffen wollen.
Was auf den ersten Blick überrascht, macht auf den zweiten durchaus Sinn. Denn als Gegenleistung für einen baldigen Rückzug könnte sich Biedenkopf nicht nur ein weiteres Gezerre um Amtsführung und Gästehaus ersparen sowie die aufkeimende Diskussion über zunehmenden Starrsinn beenden. Er könnte darüber hinaus sogar sein Primärziel noch erreichen und den erstarkenden Georg Milbradt als Nachfolger verhindern.
Denn, auch das kommt jetzt wieder hoch, der Biedenkopf-Nachfolger müsste Sachse sein und aus der jetzigen Ministerriege kommen. Beide Kriterien erfüllt Milbradt nicht.
Ob diese Kräfte in der CDU stark genug sind, ist unklar. Dass Milbradt diesem Treiben tatenlos zusehen wird, darf bezweifelt werden. Was er ausrichten kann, ist ebenfalls unklar. Und ob Kurt Biedenkopf die bittere Pille "Abdankung" schlucken wird, kann. auch niemand vorhersagen.
Das sind viele Unwägbarkeiten in einer sehr undurchsichtigen Gemengelage. Nur eins machen die Bestrebungen beider CDU-Lager erschreckend klar: Die Uhr tickt unerbittlich gegen Kurt Biedenkopf.