Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 03.11.2008
Arbeitsrichter kritisieren Personalpolitik
Der Verband lehnt die zusätzliche Übertragung eines Richteramts an einem Sozialgericht ab.
Dresden. Der Bund der Arbeitsrichter hat die Personalpolitik von Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) kritisiert. Die Praxis, einzelnen Arbeitsrichtern „zwangsweise“ ein zusätzliches Richteramt an einem Sozialgericht zu übertragen, sei rechtlich höchst problematisch, heißt es in einem Beschluss der Bundesvertreterversammlung. Es grenze an Erpressung, wenn Arbeitsrichtern, die eine freiwillige Abordnung an ein Sozialgericht ablehnten, die Übertragung eines weiteren Richteramtes mit einer 40-prozentigen Arbeitsbelastung angedroht werde.
Die Arbeitsrichter in Sachsen vermissten ein erkennbares und nachvollziehbares Personalkonzept des Ministeriums. Es sei nicht erkennbar, nach welchen Kriterien welche Richter wann und wie für eine Tätigkeit an einem Sozialgericht ausgewählt würden. „Das ist nichts anderes als Personalpolitik nach Gutsherrenart“, erklärte der Verband.
Welle von Hartz-IV-Klagen
Hintergrund der Auseinandersetzung ist die starke Arbeitsbelastung der Sozialgerichte durch die Hartz-IV-Klagewelle. Während bei den Arbeitsrichtern in Sachsen seit einigen Jahren immer weniger Fälle eingehen, nimmt die Zahl der Klagen, die die Sozialrichter zu bearbeiten haben, weiter zu. Das Justizministerium darf Richter nicht gegen ihren Willen versetzen, sondern muss die Personallücke durch die Schaffung neuer Richterstellen und durch freiwillige Abordnungen schließen. Derzeit arbeiten rund 90 Richter an den drei Sozialgerichten in Dresden, Leipzig und Chemnitz. Das sind etwa die Hälfte mehr als vor Inkrafttreten der Hartz-IV-Reformen.
Zusätzlich versucht das Justizministerium jetzt, einzelne Arbeitsrichter auch gegen ihren Willen zu Sozialrichtern im Nebenamt zu ernennen. Das sei grundsätzlich zulässig, entschied kürzlich das sächsische Richterdienstgericht. In dem konkreten Fall sei für die Richterin eine Tätigkeit an zwei Gerichten in Bautzen und Dresden aber eher unzumutbar.
Der Vorsitzende des Bundes der Arbeitsrichter, Joachim Vetter, sagte, er appelliere an seine Kollegen, sich freiwillig abordnen zu lassen, um die Belastungsunterschiede zwischen den Gerichten auszugleichen. Der in Sachsen ausgeübte Zwang sei nicht hinnehmbar.
Von Karin Schlottmann