Karl Nolle, MdL

Neues Deutschland ND, 25.11.2008

Tillich muss Lücken im Lebenslauf füllen

Opposition: CDU soll Doppelmoral aufgeben
 
Nach dem Wirbel um die Rolle von Ministerpräsident Stanislaw Tillich vor 1989 fordert Sachsens Opposition die CDU auf, ihre DDR-Vergangenheit nicht länger zu beschönigen.

Der Lebenslauf des Ministerpräsidenten ist geändert, die Biografien des Parteichefs und des Abgeordneten Tillich sind es nicht: Er sei 1987 »Angestellter der Kreisverwaltung Kamenz« geworden, heißt es im Handbuch des Landtags über Stanislaw Tillich. Das ist nur teilweise korrekt: Sachsens CDU-Regierungschef war Stellvertreter für Handel und Versorgung beim Rat des Kreises Kamenz und wurde dafür bei einem Lehrgang an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft geschult. Das steht in einer Publikation von SPD-Mann Karl Nolle mit dem Titel »Sonate für Blockflöte und Schalmeien« zur Geschichte der Ost-CDU.

Die CDU wiegelt ab und erklärt, die Fakten seien allesamt bekannt gewesen; zudem dürfe man »Ostdeutsche nicht für ihr Leben in der DDR stigmatisieren«, wettert Generalsekretär Michael Kretschmer. Oppositionspolitiker verlangen indes, die Union solle ehrlicher mit ihrer Rolle vor 1989 umgehen. Tillichs Glaubwürdigkeit sei nicht beschädigt, weil er eine DDR-Biografie habe, sagt André Hahn, Fraktionschef der LINKEN; sie habe gelitten, weil er »bisher so getan hat, als habe er mit dem politischen System des real existierenden Sozialismus gar nichts zu tun gehabt«. Hahn verweist auf scharfe Attacken Tillichs gegen die LINKE und verlangt von ihm, die »parteipolitische Doppelmoral« zu beenden: »So weit habe ich es damals nicht gebracht, trotzdem werde ich hingestellt als personifizierte DDR, die man bekämpfen muss.«

Auch Antje Hermenau, die Fraktionschefin der Grünen, mahnte die CDU zu mehr Ehrlichkeit. Wer einen solchen Posten angenommen habe, »machte Karriere und suchte nicht die Nische«, sagt sie. Tillich hatte in Interviews nach seiner Wahl zum CDU-Parteichef in Sachsen erklärt, er sei mit seinem Parteieintritt 1987 »offensiv und öffentlich auch in die Opposition zur SED eingetreten«. Hermenau sagte nun, Versuche der CDU, ihre Vergangenheit zu beschönigen, seien unglaubwürdig. Zudem solle sie sich bei Angriffen auf die LINKE als SED-Nachfolgepartei mäßigen. Hahn verlangt vor allem, deren »unsägliche« Gleichsetzung mit der NPD zu beenden.
Von Hendrik Lasch, Dresden