Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 26.11.2008

Birthler: Ost-CDU hat SED gestützt

Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen gegen Mythen über DDR-Ende
 
Berlin (dpa/epd). Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, hat sich gegen Legenden über den Herbst 1989 in der DDR gewandt. „Es gibt jede Menge Mythen“, sagte Birthler bei einer Tagung zu DDR-Opposition und friedlicher Revolution gestern in Berlin. Dazu gehöre, dass die Ost-CDU schon immer für die deutsche Einheit gewesen sei oder dass die DDR-Bürger nur Westgeld und Bananen wollten. Es sei noch nicht entschieden, wie der Herbst 1989 in die Geschichte eingehe. Die Bundesbeauftragte sprach sich dafür aus, einer Verklärung und Instrumentalisierung von Geschichte weiter entgegenzuwirken. Dies sei auch ihr Anliegen bei der Vorbereitung des 20. Jahrestages des Mauerfalls am 9. November 2009.

Mit Blick auf die CDU in der DDR äußerte sich Birthler erstaunt über heutige Deutungsversuche, wonach die ostdeutschen Christdemokraten eine verkappte Opposition gewesen seien. „Das haben wir ganz anders erlebt“, sagte die frühere DDR-Bürgerrechtlerin. „Wir haben niemals das Gefühl gehabt, dass es Leute sind, die an unserer Seite sind.“ Die Ost-CDU habe die SED gestützt, „das war auch ihr Selbstverständnis“.

Zum Jahrestag des Mauerfalls im nächsten Jahr werden laut Birthler Ausstellungen über die Arbeit der Staatssicherheit, Zeitzeugen- Gespräche, Lesungen, Theateraufführungen und Projektwochen an Schulen vorbereitet. Im Mai 2009 sei zusammen mit der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Berlin ein Geschichtsforum geplant.

In Sachsen soll ein Graffiti-Wettbewerb unter dem Motto „Demokratie versprühen“ stattfinden, in Mecklenburg-Vorpommern eine „Nacht der Dokumente“, in Sachsen-Anhalt eine Fotoausstellung und in Thüringen ein Symposium zur Öffnung der Stasi-Akten. In den westlichen Bundesländern gebe es eine so große Nachfrage nach Bildungsangeboten zur Aufarbeitung der Stasi-Strukturen, dass die Erwartungen nicht erfüllt werden könnten, sagte Birthler. „Es ist auch üble Nachrede gegenüber Jugendlichen, sie würden sich nicht interessieren.“ Die Angebote müssten aber nach Alter differenziert sein.

Dass der Mauerfall-Jahrestag in das Bundestags-Wahljahr falle, habe Tücken, sichere aber auch Interesse, sagte Birthler. Es sei verlockend für Parteien, die Geschichte für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, warnte die Bundesbeauftragte.