Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 17:33 Uhr, 30.11.2008

Kauder verteidigt Rolle der Ost-CDU in der DDR

Künast und Tiefensee werfen Union Versäumnisse vor
 
Stuttgart (ddp-lsc). Kurz vor dem Auftakt des CDU-Bundesparteitags verteidigen führende Vertreter der Union die Rolle der früheren Blockpartei in der DDR. Wenn die Ost-CDU mit der SED nicht «begrenzt» zusammengearbeitet hätte, dann hätte es die Ost-CDU nicht gegeben, sagte Unions-Bundestagsfraktionschef Volker Kauder am Sonntag vor einer Präsidiumssitzung seiner Partei in Stuttgart. Die CDU wäre dann so «ausradiert» worden wie die SPD im Osten durch die SED. Dagegen warfen sowohl Grünen-Fraktionschefin Renate Künast als auch der Aufbau-Ost-Beauftragte Wolfgang Tiefensee (SPD) der Union Versäumnisse bei der Auseinandersetzung mit der Rolle der Ost-CDU vor.

Tiefensee kritisierte zugleich die Argumentation des wegen seines Umgangs mit der eigenen DDR-Vergangenheit in die Kritik geratenen sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU). Dieser hatte sich gegen den Versuch verwahrt, sein eigenes Leben und das der meisten DDR-Bürger «von Menschen insbesondere aus dem Westen abwerten zu lassen». Tiefensee betonte, dass es nicht primär um eine Debatte zwischen Ost und West gehe. «An ein vermeintliches Wir-Gefühl zu appellieren, finde ich beschämend und entlarvend zugleich», fügte er hinzu.

Künast forderte von der CDU auf ihrem Parteitag eine Entschuldigung für ihre Blockpartei-Vergangenheit. «Wer Schuld auf sich geladen hat, muss sich entschuldigen. Das wäre eine überfällige Geste, die auch die CDU gegenüber den Opfern des DDR-Unrechtsregimes zu leisten hat», sagte sie. Zudem beklagte auch sie, «dass die Ost-CDU ihre Vergangenheit zu einem Problem der Ostdeutschen allgemein» mache. «Nur eine Minderheit von DDR-Bürgern arbeitete zu doppeltem Durchschnittsgehalt in Räten der Kreise und ließ sich auf Einheitslisten wählen, wie es Herr Tillich tat«, fügte sie hinzu.

Kauder räumte ein, dass beim Wirken der CDU in der DDR «nicht immer alles in Ordnung» gewesen sei. Die ostdeutsche CDU sei aber eine Möglichkeit der politischen Betätigung gewesen, «ohne mit Haut und Haaren von der SED vereinnahmt zu werden«.

Thüringens Regierungschef Dieter Althaus (CDU) sagte, die CDU bekenne sich zur Mitverantwortung als Blockpartei in der DDR. Die Führungsverantwortung habe aber bei der SED gelegen. Die Debatte gewinne jetzt an Fahrt, weil die SPD womöglich mit der Linken noch enger zusammenarbeiten und daher die Geschichte der DDR aus ihrer Sicht anders schreiben wolle.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) ist die Debatte offenbar leid. Das Thema sei schon in den 90er Jahren »rückwärts und vorwärts durchgekaut worden«. Böhmer riet: »Da sollte man mal nun langsam Ruhe geben«.

Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer nannte es «bösartig, all jene als Mitläufer zu bezeichnen, die Mitglied bei den Pionieren, dem FDGB, einer Partei oder anderen Massenorganisationen waren». Damit bezog er sich auf SPD-Landtagsfraktionschef Martin Dulig, der alle DDR-Blockparteien als «ganze Sammelbecken von Mitläufern» bezeichnet hatte.

Der am Montag beginnende CDU-Bundesparteitag befasst sich am Dienstag mit einem Antrag zum Thema Ostdeutschland. Nach längeren Debatten war eine Formulierung zur Rolle der CDU in der DDR gefunden worden. »Die CDU wurde von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) als führende Partei der DDR zwangsweise gleichgeschaltet. (...) Gleichwohl hat die CDU in der DDR im totalitären System der SED-Diktatur mitgewirkt», heißt es in dem Papier.

(Quellen: Kauder, Althaus und Böhmer vor Präsidiumssitzung; Künast in der «Leipziger Volkszeitung»; Tiefensee in der «Super Illu»; Kretschmer in ddp-Interview)
Von Stefan Uhlmann und Tino Moritz

ddp/tmo/pon
301733 Nov 08